Sind NGT-Pflanzen nachhaltig?
Aktuell befinden sich nur drei Pflanzen aus Neuer Gentechnik (= NGT) weltweit auf dem Markt. 49 Pflanzen sind im Entwicklungsstadium bzw. in unterschiedlichen Phasen der Genehmigung; Beiträge zur Nachhaltigkeit sind praktisch keine darunter zu finden.
Zu diesen Erkenntnissen kommt der in Brüssel von der European Non-GMO Industry Association (ENGA) und dem US-amerikanischen Non-GMO Project veröffentlichte „New GMOs Market Report: New GMOs in Cultivation, in Development; Withdrawn from the Market“, eine aktuelle Recherche zur Marktrealität von Pflanzen aus Neuer Gentechnik. Angesichts des von einflussreichen Lobbys befeuerten Hypes und des politischen Drucks zur weitgehenden Deregulierung von mit Neuer Gentechnik hergestellten Pflanzen in der EU kommt der Bericht zu einer Reihe überraschender Erkenntnisse:
- Derzeit werden weltweit nur drei NGT-Pflanzen angebaut – zwei in den USA und eine in Japan.
- Die ersten beiden NGT-Pflanzen, die Marktreife erlangten, wurden wegen Misserfolgs bereits wieder vom Markt genommen.
Nur zwei der aktuell 49 „in Entwicklung“ befindlichen Kulturpflanzen könnten zu Nachhaltigkeitszielen beitragen – dabei sollte dies, laut Beteuerungen vieler Befürworter, der wesentliche Mehrwert von mit Neuer Gentechnik produzierten Pflanzen sein…
Wer in der Lebensmittelbranche „Ohne Gentechnik“ oder „Bio“ produzieren bzw. ausloben will, kann und sollte dies auch weiterhin tun. Denn es gibt de facto keine Flut neuer NGT-Pflanzen auf dem Weltmarkt – ganz im Gegenteil. Zwei Maispflanzen, die in den USA angebaut werden, sind resistent gegen Insekten und Herbizide. In Japan wird eine Tomate mit erhöhtem GABA-Gehalt angebaut, die den Blutdruck senken soll. Viele der insgesamt 49 NGT-Pflanzen befinden sich derzeit in unterschiedlichen Stadien der Entwicklung und sind in einigen Ländern – insbesondere in den USA – bereits zugelassen, werden aber gar nicht angebaut.
Nachhaltigkeit? Fehlanzeige!
„Trotz des großen, von Biotech-Firmen und vielen Politikern befeuerten Hypes bzw. trotz hohem Druck für eine weitgehende Deregulierung dieser Pflanzen sind die Ergebnisse unseres Reports eindeutig: Bisher sind Pflanzen aus Neuer Gentechnik nur ein Versprechen und keine Marktrealität“, sagte ENGA-Generalsekretärin Heike Moldenhauer. „Außerdem hält trotz weit verbreiteter Behauptungen keine einzige Pflanze, die derzeit auf dem Markt bzw. in Entwicklung ist, die Versprechen in Bezug auf Nachhaltigkeit ein. Dabei ist das eines der Hauptargumente, mit dem die Befürworter auf eine umfassende NGT-Deregulierung – ohne Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit, Kennzeichnung und Transparenz – drängen.“
Der „New GMOs Market Report“ bildet den Auftakt für eine jährlich erscheinende und aktualisierte Report-Serie, die die Lebensmittel- und Futtermittelbranche über wichtige Entwicklungen im Bereich der NGT-Pflanzen auf dem Laufenden halten soll.
NGT treten wirtschaftlich auf der Stelle
„Die Bemühungen, die nächste Generation von Gentechnik-Pflanzen mit Hilfe von Gen-Editierungstechnologien wie CRISPR auf den Markt zu bringen, kommen trotz laxer Vorschriften (wie z.B. in den USA) sowie übertriebenen Nachhaltigkeitsversprechen und Milliardeninvestitionen aus öffentlicher und privater Hand einfach nicht in Gang,” sagt Hans Eisenbeis, Director of Mission and Messaging beim US Non-GMO Project.
Der Report hebt die Veränderungen in der Entwicklung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik im Vergleich zu ihren alten Pendants hervor. Während sich die Anwendung der alten Gentechnik weitgehend auf vier Pflanzen konzentrierte (Soja, Mais, Raps, Baumwolle), die als Tierfutter, Zutaten für verarbeitete Lebensmittel, Treibstoff oder Kleidung zum Einsatz kommen, ist das Anwendungsspektrum bei NGT-Pflanzen weitaus breiter. Biotech-Firmen arbeiten an einer Vielzahl von Pflanzenzüchtungen, die auch für den direkten menschlichen Verzehr bestimmt sind.
Auch die Entwickler von NGT-Pflanzen sind vielfältiger geworden: Während Pflanzen alter Gentechnik hauptsächlich von den „vier Gentechnik-Giganten“ Corteva, Bayer, BASF und Syngenta produziert und vermarktet wurden, sind heute viele Unternehmen an der Entwicklung von NGT-Pflanzen beteiligt, darunter auch staatliche Institute. Der Report gibt zudem einen Überblick über die „regulatorischen Hotspots“ weltweit.
ENGA und das Non-GMO Project empfehlen Unternehmen der Lebensmittelindustrie eindringlich:
- NGT-Pflanzen mit Hilfe von entsprechenden Lieferantenanforderungen aus der Lieferkette auszuschließen.
- Sich auf unabhängige Zertifizierungssysteme zu verlassen, die gewährleisten, dass Produkte frei von NGT-Pflanzen sind. Die aktuell relevanten europäischen „Ohne Gentechnik“-Systeme sowie die Bioproduktion schließen den Einsatz von NGT-Pflanzen auch in Zukunft aus.
Auswirkungen auf Österreich?
„Die ‚Heilsversprechen‘ rund um Neue Gentechnik, mit denen NGT-Pflanzen rasch, ohne Transparenz und ohne Kontrolle in den Markt gepresst werden sollen, sind bislang substanzlos. Bio- und ‚Ohne Gentechnik‘-Produktion hingegen sind etablierte Erfolgsmodelle – vor allem in Österreich und Deutschland. Die Bundesregierung muss sich jetzt im laufenden EU-Trilogverfahren klar und pro-aktiv für Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und Risikoprüfung von NGTs einsetzen. Die Konsumenten erwarten zu Recht Transparenz – und das Gütesiegel ‚Ohne Gentechnik hergestellt‘ ist ein starker Hebel dafür“, betont Florian Faber, Geschäftsführer der ARGE Gentechnik-frei. Die ARGE Gentechnik-frei vergibt das österreichische Qualitätszeichen „Ohne Gentechnik hergestellt, aktuell für mehr als 6.800 Produkte.
Der vollständige Bericht ist verfügbar unter: https://gentechnikfrei.at/wp-content/uploads/2025/06/New-GMOs-Market-report-2025_05-06-25.pdf