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Kasseler Gruppe lobbyiert für Grasmilch

Dauergrünland hat eine herausragende Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Rund ein Drittel aller heimischen Farn- und Blütenpflanzen und rund 40 Prozent der in Deutschland als gefährdet eingestuften Farn- und Blütenpflanzen haben ihr Hauptvorkommen im Grünland. Grünlandlebensräume sind jedoch stark bedroht.

Milcherzeuger- und Milcherzeugerinnen wiederum, die zu den Hauptnutzern des Grünlandes gehören, brauchen dringend wirtschaftlich tragfähige Perspektiven, damit sie zum Erhalt von artenreichem Grünland beitragen können. Unter Berücksichtigung beider Gesichtspunkte startete das Kasseler Institut für ländliche Entwicklung e.V. im Jahr 2017 gemeinsam mit der Universität Göttingen ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Es wird vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, die Vielfalt von Pflanzenarten im Grünland und darüber die gesamte Biodiversität zu fördern und gleichzeitig Milchviehbetrieben eine existenzsichernde wirtschaftliche Perspektive zu bieten. Dabei steht die kraftfutterreduzierte Milcherzeugung im Zentrum der Untersuchung.

Die ersten Untersuchungsergebnisse bestärken die Annahme, dass die Produktion von Milch mit weniger Kraftfutter die Artenvielfalt auf Grünlandflächen signifikant erhöht und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit von Milchviehbetrieben verbessern kann. Damit die positiven Effekte einer kraftfutterreduzierten Milchviehhaltung auf Dauergrünland breitenwirksam werden, fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gezielte politische Anreize für die Umstellung auf kraftfutterreduzierte Produktionssysteme zu setzen. Die Neugestaltung der 1. Säule der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) bietet hierfür gute Anknüpfungspunkte.

Der Umwelt- und Klimanutzen der kraftfutterreduzierten Milchviehhaltung reicht zudem weit über die Erhöhung der Artenvielfalt hinaus. Damit werden gleich mehrere Ziele sowohl einer natur- und umweltverträglicheren GAP als auch der Farm to Fork-Strategie des europäischen Green New Deal erreicht. Zudem kann die Umorientierung zu einer vor allem auf Grundfutter und Weide basierenden Milchviehfütterung die Milchviehbetriebe erfolgreich dabei unterstützen, sich an die steigenden Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes  sowie die zunehmenden Verbraucheransprüche an Produktionsweise, Lebensmittel- und Ernährungsqualität von Milchprodukten anzupassen.

In ihrem Policy Paper schlagen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vier agrarpolitische Hauptstrategien vor:

  • In der 1. Säule der GAP wird eine grundlegende Förderung für kraftfutterreduzierte Milchproduktionssysteme im Rahmen der neuen Öko-Regelungen programmiert.

  • Parallel dazu werden zur Erhöhung des Umwelt-und Klimanutzens und der Wettbewerbsfähigkeit dieses Systems ergänzende Fördermaßnahmen über die Agrarumwelt- und die Investitionsmaßnahmen der 2. Säule der GAP angeboten.

  • Zusätzlich werden bürokratische Entlastungsmaßnahmen für programmteilnehmende Milchviehbetriebe entwickelt und

  • ein systematischer Wissenstransfer organisiert.

Das gemeinsame Policy-Paper vom Kasseler Institut ländliche Entwicklung e.V. und der Universität Göttingen http://www.kasseler-institut.org/31.0.html