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Heumilch künftig auch aus der Schweiz

Etwa 8.000 österreichische Milchbauern, vornehmlich in Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich sowie der Steiermark, erzeugen unter dem Dach der ARGE Heumilch – auf ursprüngliche Weise ohne vergorenes Futter – jährlich rund 480 Mio. kg Heumilch, die von 60 Betrieben hauptsächlich zu Käse (80%) sowie zu Trinkmilch und Joghurt (15%) verarbeitet wird. Diese sind im heimischen Lebensmittelhandel als Nischenprodukte im Premiumsegment gelistet. Die Milchlieferanten lukrieren dafür einen Mehrerlös, der der Erhaltung der Betriebe und ihrer Investitionskraft dient. Seit Gründung der ARGE Heumilch im Jahr 2004 hat die Initiative eine erfreuliche Entwicklung vollzogen und der Wille zum Erfolg ist ungebrochen, wie heute bei einem Pressegespräch deutlich wurde.

ARGE-Obmann Karl Neuhofer blickte dabei auf ein erfolgreiches Jahr 2016 zurück: „Wir hatten 100% unserer Heumilch in der Vermarktung, der Zuschlag für unsere Lieferanten betrug rund 7 Cent/kg und konnte damit seit Start der Kampagne versiebenfacht werden. Bei Bioheumilch waren es sogar 18 Cent/kg. Der Mehrwert für unsere Bauern betrug damit im Vorjahr mehr als 30 Mio. Euro.“ Dank umfassender Vermarktungsaktivitäten gemeinsam mit den Molkereien und Käsereien, dem Konsumentenvertrauen sowie der Kooperationsbereitschaft des LEH sei es auch gelungen, der schwierigen Entwicklung des Milchmarktes gegenzusteuern und den Erzeugerpreis für Heumilch annährend konstant zu halten. Das habe auch dazu geführt, so Neuhofer, dass wieder mehr heimische Landwirte der ARGE beigetreten sind und im Montafon eine neue Heumilchregion hinzugekommen ist.

Zum Erfolg trug ferner die Verleihung des EU-Gütesiegel g.t.S. – garantiert traditionelle Spezialität – im Vorjahr durch die EU-Kommission bei. Diese Aufnahme ins Register der geschützten EU-Bezeichnungen erfolgte erstmalig im deutschsprachigen Raum und garantiert den Verbrauchern noch mehr Qualität und Unverfälschtheit. „Die Konsumenten haben zu Recht den Anspruch auf Mehrwert, wie den besonderen Geschmack unserer Produkte, der in der Artenvielfalt der Gräser im verfütterten Heu liegt, sowie den gesundheitlichen Aspekt unserer 600 Heumilcherzeugnisse. Und wir selbst haben den Anspruch, unsere Heumilchwaren nicht mit der ‚Mitleidsmasche‘ zu verkaufen, sondern den Verbrauchern den versprochenen Mehrwert auch zu bieten“, stellte Neuhofer klar.

Die „besondere“ Geschichte der Heumilch, von der Unterscheidung der silofreien, artgerechten Fütterung über das Tierwohl sowie die täglich frisch weiterverarbeitete und damit zusatzstoff- wie auch konservierungsmittelfreie Milch, wird den Konsumenten in einer breiten Marketingkampagne vermittelt. Selbst für Kinder werden die Themen altersgerecht aufbereitet.

Die Verleihung des EU-Siegels g.t.S. für Kuhmilch im März 2016 war ein wichtiger Meilenstein für die Initiative, den man mit der Aufnahme von Schaf- und Ziegenmilch in dieses Register der geschützten traditionellen Spezialitäten fortsetzen will. Laut Andreas Geisler, Koordinator der Vermarktungsoffensive der ARGE, werden die Anträge demnächst der EU-Kommission vorgelegt. In etwa einem Jahr werde mit einem Ergebnis gerechnet. Marketingmäßig will man sich heuer auf die Kommunikation der „inneren Werte“ der Heumilchprodukte wie Nachhaltigkeit, Genuss und Erhalt der Artenvielfalt konzentrieren. Ferner soll der Social-Media-Bereich weiter ausgebaut werden. „Wir intensivieren unsere Präsenz auf Facebook und YouTube, starten einen eigenen Instagram-Auftritt und werden Aktivitäten mit Bloggern setzen“, konkretisierte Geisler.

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt wird schließlich die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Alpenbogen sein. Dazu wurde im Oktober des Vorjahres ein Kooperationsvertrag mit der neugegründeten Heumilch Schweiz geschlossen und gemeinsame Aktivitäten mit der Heumilch Deutschland vereinbart. „Unser Ziel ist es, mit einem einheitlichen Auftritt die Kräfte zu bündeln und Heumilch auf den internationalen Märkten noch bekannter zu machen“, erläuterte Geisler. Vor allem gehe es um eine einheitliche Kommunikation, „um die Verbraucher nicht zu verwirren“. So wurden auch Gespräche mit der NÖM über eine Heumilchregion in Niederösterreich und mit engagierten Heumilchbauern in Slowenien geführt.

Derzeit liegt der Anteil an traditionell hergestellter Heumilch EU-weit (inklusive Schweiz) bei 3% der gesamten Milcherzeugung, in Österreich bei 15% (1970 betrug dieser Wert 80%) und in der Schweiz bei 30%. Hier hat sich etwa ein Drittel der insgesamt 23.000 Milcherzeuger der Heumilchproduktion mit einer Jahresgesamtmenge von über 1 Mrd. kg verschrieben. Allerdings wurden die Vorteile von Heumilch in der Vergangenheit nicht speziell kommuniziert, wie Walter Münger, der Präsident der Heumilch Schweiz, mit großem Bedauern feststellte: „Heumilch wird in der Schweiz hauptsächlich für die Hartkäseerzeugung verwendet. Aufgrund unserer Sortenorganisation haben wir es schlicht verpasst, auszuloben, was die silofreie Fütterung der Heumilchproduktion ist. Dafür ein eigenes Label zu gründen, hätte eine zu lange Aufbauarbeit bedeutet. In Kooperation mit der ARGE Heumilch Österreich wollen wir nun mit den positiven Heumilch-Assoziationen die Wertschöpfung der silofreien Produktion nachhaltig steigern.“

Die Schweizer Initiative wurde im Juli des Vorjahres gegründet. Seit Oktober wird ihre Trinkmilch bei Coop gelistet. Die Heumilch-Linie soll durch Joghurt, dessen Erzeugung in der Pipeline ist, sowie durch Käse, der sich in der Reifephase befindet, erweitert werden. Ebenso ist man laufend um die Aufnahme weiterer Mitglieder bemüht. „Wir hoffen auf eine positive Marktentwicklung durch die gemeinsamen Aktivitäten auf den internationalen Märkten und insbesondere darauf, die Verbraucher in unserer schnelllebigen Zeit mit traditionellen Werten zu erreichen“, fasste Münger zusammen. Mittelfristig lautet seine Zielsetzung, 100 Mio. kg gekennzeichnete Heumilch zu verarbeiten, und auch eine Auslobung der Milch im Käse werde künftig nötig sein, ist er überzeugt.