EU will Selbstversorgung mit Eiweißpflanzen erhöhen
Hochrangige Experten diskutierten auf der Europäischen Eiweißkonferenz in Wien zwei Tage lang, von 22. bis 23. November 2018, die zukünftige Versorgung mit Eiweißpflanzen in der Europäischen Union. „Aktuell ist die Eiweißlücke in der EU sehr groß, weshalb wir den Anbau mit Eiweißpflanzen, wie etwa mit Soja oder anderen Hülsenfrüchten, in der EU weiter forcieren wollen, um unabhängiger von Importen aus Drittstaaten zu werden“, betonte heute Elisabeth Köstinger. „Europa wird nie Selbstversorger mit Eiweißpflanzen werden. Wir müssen aber dafür sorgen, dass der Selbstversorgungsgrad steigt und dass die EU in diesem Bereich wettbewerbsfähiger wird“, strich EU-Agrarkommissar Phil Hogan hervor. Neben der Futtermittelproduktion würden Eiweißpflanzen aufgrund sich ändernder Verbraucherverhalten auch in der menschlichen Ernährung immer populärer.
„In Österreich hat sich der Sojaanbau in den vergangenen acht Jahren verdoppelt. Das ist eine Erfolgsgeschichte, auf die wir sehr stolz sind. Mit einer eigenen österreichischen Eiweißstrategie wollen wir diese Vorreiterrolle weiter ausbauen und uns mit dieser Strategie aktiv in die Reformverhandlungen rund um die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2020 einbringen“, kündigte Köstinger an.
In der EU hat sich die Anbaufläche von Soja seit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2013 auf fast 1 Mio. ha verdoppelt. Die Produktion lag 2018 bei 2,8 Mio. t. Ähnliches gilt für die Erzeugung von Hülsenfrüchten (Erbsen, Ackerbohnen, Linsen, Kichererbsen), für die sich das Areal seit 2013 so gut wie verdreifacht hat, wie aus dem jüngsten Eiweißbericht der EU-Kommission hervorgeht. Die Nachfrage in Europa nach pflanzlichem Eiweiß ist groß. So wurden 2016/2017 rund 27 Mio. t Rohprotein benötigt, wobei der Selbstversorgungsgrad in der EU je nach Proteinquelle stark schwankt (79% bei Raps, 42% bei Sonnenblume, 5% bei Soja). Laut dem Bericht importiert die EU jährlich rund 17 Mio. t Rohprotein, wovon 13 Mio. t auf Soja basieren. Die wichtigsten Handelspartner sind Brasilien, Argentinien und die USA. Die EU importiert auch 1,5 Mio. t Rohprotein aus Sonnenblumen und bis zu 1 Mio. t aus Raps, beide überwiegend aus der Ukraine.
„Die verstärkte Unabhängigkeit von Sojaimporten ist eine der wichtigsten Zukunftsfragen der europäischen Landwirtschaft. Eine verbesserte Eigenversorgung stärkt unsere Position auf den globalen Märkten. Der regionale Anbau steht aber auch für hohe Umwelt- und Qualitätsstandards“, zeigten sich Köstinger und Hogan einig.
Der Futtermittelmarkt ist der größte Markt für Pflanzenproteine. Zwei Drittel dieses Marktes entfallen auf Geflügel (35%) und Schweine (33%), während der Anteil für Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen) 28% ausmacht. Futtermittel für die Geflügelproduktion und die Milchviehhaltung sind laut dem Bericht der EU-Kommission die Haupttreiber für das jährliche Wachstum von 1% in diesem Segment.
Die EU-Kommission kündigte in ihrem Bericht an, die Landwirte beim Anbau von Eiweißpflanzen im Zuge der künftigen GAP unterstützen zu wollen. Zudem soll die Forschung in dem Bereich forciert sowie die Marktanalyse und Transparenz verbessert werden. Absatzförderungsprogramme in Höhe von 200 Mio. Euro im Jahr 2019 sollen außerdem über die Vorteile von pflanzlichem Eiweiß für Ernährung, Gesundheit, Klima und Umwelt informieren.
„Österreich ist eine treibende Kraft in der EU, die Selbstversorgung mit Eiweißpflanzen weiter zu erhöhen. Zudem setzt Österreich zur Gänze auf GVO-freien Anbau“, betonte Köstinger. Die Milch- und Hühnerfleischproduktion sei in Österreich zu 100% auf GVO-freie Futtermittel umgestellt. „Wollen das die Konsumenten auch in anderen Bereichen, dann muss die Preissituation passen. Das Dumping im Fleischbereich gibt es derzeit nicht her“, so Köstinger. Ähnlich sieht die Ministerin die Situation beim Anbau von Eiweißpflanzen. „Im Endeffekt muss auch hier die Preissituation für die Landwirte passen“, so Köstinger.
„Ein verstärkter Anbau von Eiweißpflanzen in der EU würde nicht nur der besseren Eigenversorgung zugutekommen, sondern auch zum Klimaschutz beitragen“, ist die Ministerin überzeugt. Eiweißpflanzen sind wertvoll in der Fruchtfolge. Durch ihre Fähigkeit, Stickstoff zu binden, kann der Einsatz von Düngemitteln reduziert werden. Die aktive Durchwurzelung der Böden verbessert außerdem die Bodenfruchtbarkeit und schützt vor Bodenerosion.