Foto: BMNT - Gruber

Regierung korrigiert gesetzliche Haftung auf den Almen

In den vergangenen Wochen hat das erstinstanzliche Urteil gegen einen Tiroler Landwirt nach einer Kuh-Attacke mit tragischem Ausgang für Aufsehen gesorgt. Heute präsentierten Bundeskanzler Sebastian Kurz, Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein und LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger im Rahmen einer Pressekonferenz den „Aktionsplan für sichere Almen“. „Das Problem ist größer als der Fall, der vor einigen Wochen bekannt wurde. Es geht um das gute Miteinander von Landwirtschaft und Tourismus auf Österreichs Almen. Dieses Miteinander wollen wir mit dem vorgelegten Aktionsplan ebenso stärken wie die Eigenverantwortung, die alle Besucher unserer Naturlandschaften tragen. Landwirtschaft und Tourismus brauchen einander. Die Bauern bewirtschaften unsere Naturlandschaften, die Gäste bringen Wertschöpfung in jene Regionen, für die der Tourismus lebensnotwendig ist“, betonte Bundeskanzler Kurz.

Rund 8.000 bewirtschaftete Almen und fast 25.000 auftreibende Betriebe in Österreich seien unverzichtbar für die Landwirtschaft, aber auch für den Tourismus. „Ohne Weidewirtschaft wären die Almen für den Tourismus nicht nutzbar. Für uns ist daher klar: Wir brauchen Lösungen, die für die Landwirtschaft umsetzbar sind und zugleich die Eigenverantwortung unserer Gäste stärken“, unterstrich Bundesministerin Köstinger.

Neben einem Verhaltenskodex für Wanderer und Touristen sowie einem Ratgeber für die Alm- und Weidewirtschaft sieht der Aktionsplan auch eine Änderung im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vor. Hier soll eine Präzisierung der Tierhalterhaftung durch die Einfügung eines neuen Absatzes in den § 1320 ABGB erfolgen, der eine Interessenabwägung im Bereich der Alm- und Weidehaltung vorsieht. Zur Bewertung zukünftiger Fälle soll der Verhaltenskodex für die Nutzung von Almen herangezogen werden. „Damit haben wir einen einheitlichen Rahmen für das Verhalten auf Almen und Weiden, auf den sich Personen, Behörden und Gerichte direkt beziehen können. Das stärkt die Eigenverantwortung der Besucher und bringt mehr Rechtssicherheit für alle“, so Köstinger. Der entsprechende Gesetzesentwurf werde derzeit mit dem Justizministerium erarbeitet und solle bereits in den nächsten Wochen in Begutachtung gehen.

Den Verhaltenskodex für Wanderer und Touristen will das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) mit den betroffenen Interessenvertretungen entwickeln und voraussichtlich Mitte April vorlegen. In diesem Kodex wird das richtige Verhalten auf Almen und Weiden übersichtlich und leicht verständlich erklärt. Es sollen dabei konkrete Fragen – etwa wie man sich in der Nähe von Weidevieh verhält, wie viele Meter Abstand man von den Tieren halten sollte und wie Hunde auf Almen und Weiden richtig mitgeführt werden – erläutert werden. Einen ähnlichen Kodex gibt es mit den „10 FIS-Regeln“ für das Verhalten im alpinen Gelände.

„Der freie Zugang zu Almen, der Durchgang durch Weiden und die Querung bewirtschafteter Almflächen auf den entsprechenden Wegen ist ein wichtiger Punkt“, ergänzte Bundesministerin Hartinger-Klein. Sie wolle nicht, dass Almen oder Weideflächen vollständig eingezäunt oder gesperrt werden müssten.

Bisher habe das ABGB praktisch die gesamte Verantwortung dem Tierhalter übertragen und damit auch die Haftungsfragen. Für die Alm- und Weidebauern sei daher ein klarer Ratgeber von großer Bedeutung“, so LK-Präsident Moosbrugger. „Sie müssen wissen, wo ihre Verantwortung liegt, welche Maßnahmen sie setzen müssen und wo die Verantwortung der Gäste beginnt. Eine einheitliche Lösung in Form des Ratgebers für die Alm- und Weidewirtschaft sowie die Verhaltensregeln für Besucher werden für die Zukunft von großer Bedeutung sein.“

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen solle der Aktionsplan auch die Vereinheitlichung von Versicherungslösungen als Ziel haben. Derzeit gebe es hier sehr unterschiedliche Regelungen. „Gemeinsam mit den Bundesländern wird die Landwirtschaftskammer eine Evaluierung der Modelle und eine einheitliche Vorgehensweise erarbeiten, damit der beste Versicherungsschutz für die Bäuerinnen und Bauern gewährleistet ist“, so Moosbrugger.