Unfairer Handel: Konzerne unterschreiben Selbstverpflichtung
Unfairen Geschäftspraktiken soll in Österreich jetzt stärker begegnet werden, darüber zeigten sich das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) und der Handelsverband bei einer Pressekonferenz einig. Einseitige und rückwirkende Änderungen von Vertragsbedingungen oder das Fordern von Zahlungen ohne entsprechende Gegenleistung sind nur zwei Beispiele für unfaire Geschäftspraktiken, die auch im Fairnesskatalog der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gelistet werden.
„Der Kampf gegen unfaire Geschäftspraktiken hat für mich höchste Priorität. Es ist mir ein persönliches Anliegen, die Stellung der Bäuerinnen und Bauern in der Lebensmittelwertschöpfungskette zu stärken. Denn nur mit fairen Preisen können wir die wirtschaftliche Situation unserer bäuerlichen Familienbetriebe in Zukunft stärken“, stellte Bundesministerin Elisabeth Köstinger klar. Ein Ungleichgewicht zwischen der Landwirtschaft, den Verarbeitern und dem Handel herrsche nicht nur in Österreich. Daher werde unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft auch die Richtlinie gegen unfaire Geschäftspraktiken auf europäischer Ebene finalisiert. „Wir wollen Vorreiter in Europa im Kampf gegen unfaire Geschäftspraktiken sein“, so Köstinger.
Die Unternehmen Rewe International AG, Spar AG, Hofer KG, Lidl Österreich GmbH, Metro Österreich GmbH und Unimarkt Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG verpflichten sich mit der Unterzeichnung der Selbstverpflichtungserklärung zur Wahrung unternehmerischen Wohlverhaltens. „Wir stehen für das konstruktive Miteinander zwischen allen Partnern der Wertschöpfungskette und insbesondere mit den landwirtschaftlichen Vertretern, die für den heimischen Handel ganz entscheidend sind“, zeigt sich Frank Hensel, der Vizepräsident des Handelsverbandes, erfreut. „Wir setzen seit Jahren auf enge und langfristige Partnerschaften mit der österreichischen Landwirtschaft.
Die unterzeichnenden Unternehmen sichern ihre umfassende Kooperationsbereitschaft zur Etablierung einer weisungsfreien Ombudsstelle zu. Diese wurde vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gemeinsam mit dem Handelsverband konzipiert. „Dort, wo klare Regeln gelten, muss es auch Kontrolle geben. Diese Ombudsstelle soll vor allem den landwirtschaftlichen Sektor abdecken“, skizzierte Köstinger die nächsten Schritte.
Die Ombudsstelle müsse gesetzlich verankert sein und ihre Aufgaben werden klar festgelegt. Dazu zählen die anonyme Beratung, die rechtliche Aufklärung sowie der Informationsaustausch und die Mediation. An diese Stelle können sich betroffene Personen, insbesondere Bäuerinnen und Bauern, aber auch Erzeugerorganisationen und Unternehmen in Zukunft anonym wenden.
„Durch die Selbstverpflichtungserklärung wurde der Fairnesskatalog der BWB zu einer Branchenvereinbarung weiterentwickelt. Dadurch wird das Gemeinsame, das Miteinander zwischen Landwirtschaft und Handel, auf eine neue Ebene gehoben. Mit der Einrichtung der Ombudsstelle wird auch ein ‚Missing Link‘ zwischen Rechtsprechung und dem bestehenden Whistleblower-System der BWB geschlossen, um die Mediation als Instrument der außergerichtlichen Kommunikation auf Augenhöhe anzubieten. Damit sind wir europaweit Vorreiter und Musterbeispiel“, zeigte sich Rainer Will, der Geschäftsführer des Handelsverbandes, über den gemeinsamen Weg erfreut. Zusätzlich wird es einen jährlichen öffentlichen Bericht geben, der unter anderem Arten und Anzahl der eingelangten validen Fälle auflistet. „Es muss ersichtlich sein, wo der Schuh drückt, um gemeinsam Schritte ergreifen zu können und unfairen Geschäftspraktiken einen Riegel vorzuschieben“, unterstrich Köstinger.