Pansenwand der Kuh im Fokus
Wiederkäuer sind auf die Stoffwechselkapazität ihres Pansens angewiesen, um die für andere Tierarten nicht verwertbaren Pflanzenstoffe effektiv zu verdauen. Die Biologie von auf der Pansenwand lebenden Mikroben und deren Einfluss auf die Verstoffwechselung der Futtermittel von Wiederkäuern sind jedoch bisher kaum erforscht. Forscher:innen der Vetmeduni, des Österreichischen Kompetenzzentrums für Futter- und Lebensmittelsicherheit sowie der Universität Wien, identifizierten nun erstmals dominante wie auch aktive mikrobielle Populationen an der Pansenwand. Die Studie erschien soeben in „Nature Microbiology“.Hauptakteure bei der Verdauung im Pansen sind Mikroorganismen, die Wiederkäuer mit hochwertigem Eiweiß und wichtigen Stoffwechselprodukten wie kurzkettige Fettsäuren versorgen. Diese bilden die Hauptenergie- und Proteinquelle für die Tiere, und damit auch die Grundlage für eine hochwertige und nahrhafte Lebensmittelproduktion für den Menschen. Ein fundiertes Verständnis und eine Optimierung der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft im Pansen kann die Effizienz der Energieproduktion beim Wiederkäuer entscheidend verbessern und gleichzeitig die Umwelt- und Klimabelastung der Wiederkäuer- und Milchproduktion minimieren.
Zusammengefasst zeigen die Ergebnisse, wie metabolische Unterschiede, die aus mikroevolutionären Prozessen entstehen, mikrobiologische Populationen formen können, die wiederum die Verfügbarkeit von kurzkettigen Fettsäuren für Wiederkäuer erheblich beeinflussen. Obwohl die Auslöser der Differenzierung der Campylobacteraceae Population schwer zu finden sind, spekulieren die Autor:innen, dass sie während der sogenannten agrokulturellen Revolution mit der Domestizierung des Rindes stattfand, und, dass Verschiebungen in der Futterzusammensetzung (z. B. mit dem Einsatz von zuckerreichen Weiden oder von Getreiden) den Differenzierungsprozess eingeleitet haben könnten, der bis heute im Zuge der zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft andauert.
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, sollten die Auswirkungen der intensiven Wiederkäuerhaltung auf die Umwelt verringert werden. Die Analyse des Pansenmikrobioms ist dabei ein vielversprechender Ansatzpunkt. Diese Arbeit zeigt, dass die mikrobielle Anpassung an Futterumstellungen schnell erfolgen und durchaus unerwartete Folgen für die Nahrungsversorgung des Tieres haben können.