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Grünere Landwirtschaft alternativlos

„Klimawandel und der Verlust der Biodiversität sind die größten Feinde für die landwirtschaftlichen Erträge. Es gibt keine Alternativen für eine grünere Landwirtschaft“, erklärte Wolfgang Burtscher, Generaldirektor der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung der EU-Kommission, in einem Gespräch mit Journalisten bei der Grünen Woche Berlin. Mit Kriegsbeginn in der Ukraine ist die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln in den agrarpolitischen Diskussionen in den Vordergrund gerückt. Zuvor hatten sich die Debatten und Entscheidungen in den Institutionen der EU zu einem Großteil auf Maßnahmen gegen den Klimawandel und andere negative Umwelteinflüsse sowie auf die Förderung der Biodiversität für eine künftige nachhaltige Landwirtschaft konzentriert. Aktuell geht es darum, ob Ernährungssicherung und nachhaltige Landwirtschaft kombinierbar sind .

„Wir müssen die Stärkung einer nachhaltigen EU-Landwirtschaft angehen, auch wenn dieser Ansatz nicht ohne Auswirkungen auf die Erträge bleibt. Wir sehen aber auch, dass durch Forschung und Innovation neue Praktiken entstehen sowie neue Verhaltensmuster von Konsumenten dazu führen können, zunächst diesen Verlust von Produktivität zu kompensieren“, führte Burtscher aus. Als Beispiele nannte er Precision Farming, neue Gentechnologie oder auch weniger Lebensmittelverschwendung. Durch Precision Farming etwa könne auf der gleichen Fläche mit weniger Betriebsmitteln mehr oder genau so viel Ertrag erzielt werden, meinte der Experte.

„Die EU-Kommission geht davon aus, dass Green Deal und Farm to Fork der richtige Weg hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft sind. Denn ohne Klimawandel würde die EU-Agrarproduktion um 22% höher liegen. Gleichzeitig müssen Potenziale für eine ausreichende Lebensmittelproduktion genützt werden. Dieser Übergang muss sehr gut gemanagt werden. Das muss zum Mainstream werden und ist die Herausforderung, die wir jetzt haben“, so Burtscher. Aus Gründen der Nachhaltigkeit habe die EU-Kommission Gesetzestexte zur Wiederherstellung der Natur und die Emissionsrichtlinie nachgeliefert. Diese neuen Vorgaben, aber auch das Ziel, den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln bis 2030 zu halbieren, hätten dazu geführt, dass 18 Mitgliedstaaten nachgefragt haben, was die Umsetzung für die Ernährungssicherheit bedeute. Einer erweiterten Folgenabschätzung könne Burtscher daher durchaus etwas abgewinnen.

100 Mrd. Euro stehen laut dem Experten in der GAP ab 2023 für Maßnahmen gegen den Klimawandel, zur Förderung der Biodiversität und andere Umweltanliegen zur Steigerung der Wasser-, Luft- und Bodenqualität bereit. „Die EU-Agrarpolitik arbeitet hauptsächlich mit Anreizen. Dabei ist es für jeden policy maker eine Herausforderung, wieviel mit Anreizen und wieviel mit Gesetzen gearbeitet wird. Denn nicht alle Anreize sind so attraktiv, dass viele Landwirte einsteigen“, so Burtscher. Laut Bundesminister Norbert Totschnig sei dies in Österreich sehr gut gelungen. Die Anzahl der Betriebe, die freiwillig an Klima-, Umwelt- und Artenschutzmaßnahmen teilnehmen, sei im Vergleich zum Vorjahr um 4.000 gestiegen.

Letztlich sei aber alles eine Frage der Definition. „Was ist ein nachhaltiges Lebensmittel? Ist die Produktion die am wenigsten CO2 erzeugt, die nachhaltigste oder ist es etwa Bio? Welche green claims dürfen auf dem Lebensmitteletikett stehen? Ist es der CO2-Fußabdruck? „Die Entscheidungsfindung zwischen Umweltansprüchen und Ernährungssicherung unter Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekten ist herausfordernd. Die Antworten sind nicht einfach zu finden“, so Burtscher.