Tierwohl: Jeder will`s, keiner zahlt`s!
„Tierwohl zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ hieß das Thema der Veranstaltung, zu der das Forum.Ernährung.Heute (f.eh) – Verein zur Förderung von Ernährungsinformation – geladen hatte. Träger dieser Einrichtung sind große Markenartikler aus der Lebensmittelindustrie. Für Markenartikler wie Berglandmilch, Mc Donald´s und auch den Gütesiegel-Verwalter AMA wiegt die Emotion der Kunden beim Einkauf von Milch-Fleisch-Eiern schwer.
Deswegen hat die Chefin des Hauses zur Begrüßung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem f.eh um Versachlichung der emotionsgeladenen Debatte geht. Öfters wird bei der Veranstaltung auf den Wunsch der Bauern hingewiesen werden, dass doch die Konsumenten endlich so einkaufen mögen, wie sie in Sonntagsumfragen gelobten.
Ulrich Herzog vom Gesundheitsministerium legte die Rahmenbedingungen für das Bundestierschutzgesetz dar. Dass die Bundesländer für den Vollzug zuständig sind, während der Staat das Gesetz macht, ist spezifisch österreichisch. Wir hätten nicht unbedingt das beste Tierschutzgesetz, aber das umfassendste. Es ist nicht ausgemacht, dass, wie oft verlangt, strengere Gesetze besser wären. Bei den Schweinen hat man sich wegen dem internationalen Handel auf ein Gesetz geeinigt, das lediglich die EU-Normen wiedergibt. Bei den Rindern sah man über dem EU-Niveau eine Chance für die heimische Landwirtschaft. Dass die Abschaffung der Hühnerkäfige richtig war, beweist der wachsende Mastgeflügelbestand. Eine Sonderstellung nimmt die Kennzeichnung für Tierwohl bei den Eiern ein, denn sie ist das einzige Gesetz, das EU-weit eine einheitliche Kennzeichnung erreicht hat. Die Vereinheitlichung der Kennzeichnung wird sonst vom Handel abgelehnt, weil er in übersättigten Märkten Markenzeichen braucht, um sich vom Mitbewerber abzusetzen. Herzog führt auch eine widersprüchliche Tierwohlkennzeichnung vor Augen. Was bei Eiern als Topqualität gelte, gelte in Deutschland etwa bei Schweinen als schlechtestes Qualitätsmerkmal, nämlich die Null. Da sei, so der Spitzenbeamte, noch viel im Argen.
Andreas Hermann von der AMA-Marketing stellte die teilweise widersprechenden Siegel in verschieden Staaten vor. Jedes nationale Siegel stehe beim internationalen Handel vor Problemen. Wer versteht in Deutschland den Inhalt eines öst. Siegels. Hermann zitiert Umfragen, die ergaben, dass 15% der Käufer bis zu einem Viertel mehr für Tierwohl zu zahlen bereit wären. Diese Käuferschicht gilt es anzusprechen. Dass es auch gelingt teure Preise zu erzielen, schilderte Johannes Mayer von Keyquest. Teures „Dry-aged-Rindfleisch“ finde reißenden Absatz.
Mehr von der technischen Seite, aber nicht minder wichtig, konnte man von der Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz erfahren. Sie prüft Produkte, beispielsweise Liegematten, auf Gesetzeskonformität und verleiht den Produkten ein Siegel. Da die Hersteller von Stalleinrichtungen an diesem Siegel sehr interessiert sind, ergebe sich dadurch ein sehr positiver Effekt auf die Tierhaltung. (www.tierschutzkonform.at)
Die größte Molkerei Österreichs setzt auf Prämien als Anreize für Verbesserung in der Milchviehhaltung. Seit Juli 2019 ist das vierstufige System in Kraft. Anstelle des Mengenbonus erhalten die Milchbauern eine Tierwohlprämie je kg Milch. Seit 2019 wurden durchschnittlich 0,53 Cent/kg Milch vergütet. Für Josef Braunshofer steht fest, dass das Modell mehr Tierwohlanstrengungen ausgelöst hat. Allerdings sei das höhere Tierwohl direkt beim Handel kaum in bare Münze zu verwandeln. Die Österreicherin ist leider eine notorische Aktionskäuferin. Nachvollziehbar sei, was einst der Chefeinkäufer von Mc Donald´s Deutschland sagte: die härteste Zeit für ihn sei die Verteuerung des Burgers um 19 Cent gewesen. Johann Schlederer von der Schweinebörse warf den Tierschutzorganisationen vor, nur zu behaupten, sie wüssten, was der Konsument wolle. Schließlich versuche er seit langem das Gustino Strohschwein am Markt zu etablieren, allerdings erfolglos. Schlederer appellierte an Martina Pluda von den Vier-Pfoten, Desinformation abzustellen und nicht zu polarisieren. Auch wenn die Milliardäre aus Silikon-Valley ihr Geld in vegane Start-ups mit Fleischimitaten steckten, beruhigten sie so doch nur ihr schlechtes Gewissen aus dem Software-Geschäft, so Johann Schlederer.