Foto: agrarfoto.com

Wintertagung startet mit Versorgungsthema

Das Thema Versorgungsicherheit sowohl mit Lebensmitteln und Energie steht im Zentrum der 70. Wintertagung des Ökosozialen Forum Österreich, die mit dem Tag für Agrarpolitik eröffnet wurde. Während Bundesminister Norbert Totschnig die Leistungen der heimischen Bäuerinnen und Bauern für eine  umweltgerechtere Landwirtschaft hervorhob, sprach sich der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pernkopf, gegen Produktionseinschränkungen aus. „Die Landwirtinnen und Landwirte sind in der Lage die Menschen zu ernähren. Wenn wir nicht selbst produzieren, importieren wir Sozialdumping“, stellte Pernkopf klar. Michael Obersteiner, Direktor des Environmental Change Institute der Oxford Universität, appellierte für mehr ambitiöse und innovative Lösungen, speziell im Umweltbereich. „Hier muss die Politik effizienter gestalten.“

Zum Motto der Wintertagung 2023 „Selber produzieren statt Krisen importieren – Wie wir unsere Erde, Energie und Ernährung für morgen sichern“, schlug Pernkopf eine Vorratshaltung für wichtige Lebens- und Betriebsmittel sowie Medikamente nach Schweizer Vorbild vor. Dort gebe es nicht nur eine staatliche Vorratshaltung, sondern auch eine in Kooperation mit der Wirtschaft. „Das Thema könnte im geplanten Krisensicherheitsgesetz der Bundesregierung berücksichtigt werden“, so Pernkopf.

Zur Umwelt- und Klimaeffizienz verwies Pernkopf auf eine gemeinsame Studie des WIFO, der BOKU und des Umweltbundesamts im Auftrag des Ökosozialen Forums, aus der hervorgeht, dass der Getreideertrag pro ha rund 1 t über dem EU-Schnitt bei geringem Düngeaufwand liegt. Demnach kommt Österreich im Bereich der CO2-Äquivalente auf 1,68 kg pro Euro Wertschöpfung – in Deutschland sind es um 20% mehr. In England liegt die Zahl mit 2,96 kg CO2-Äquivalenten pro Euro Wertschöpfung noch höher. „Österreich wird ständig besser und konnte sich in den letzten 20 Jahren um 20% verbessern“, unterstrich Pernkopf. Der Trend sei vor allem in der Milchproduktion nachweisbar, bei der man sich von 0,98 kg CO2 pro kg Milch im Jahr 1990 auf 0,52 kg im Jahr 2022 verbessern konnte.

Totschnig betonte die gesteigerten Teilnehmerzahlen heimischer Landwirte an dem freiwilligen Agrarumweltprogramm „ÖPUL“. Im Detail nehmen mehr Landwirte an der Maßnahme umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (UBB) teil: Aktuell über 48.000 UBB-Betriebe gegenüber 46.000 im Jahr 2022. Erhöht hat sich laut dem Minister auch der Bio-Anteil auf rund 22.800 Betriebe (2022: 22.480). „Die vergangenen Jahre haben uns gelehrt, mit Krisen umzugehen und aus ihnen zu lernen. Unser Ziel ist es, die Resilienz unserer kleinstrukturierten, bäuerlichen Landwirtschaft auch in Zukunft auszubauen. Die hohe Eigenversorgung bei Grundnahrungsmitteln und der Fokus auf erneuerbare Energieträger wird sich bewähren. Seit meinem Amtsantritt ist die Versorgungssicherheit eine absolute Priorität und das wird auch so bleiben“, erklärte Totschnig.

Laut dem Wissenschaftler Michael Obersteiner sind künftig mehr Innovationen im Umweltbereich nötig, um die Treibhausgasemissionen ins Minus zu drehen. Durch Methoden der zirkulären Bioökonomie könnte etwa Kohlenstoff aus pflanzlicher Biomasse dazu verwendet werden, den Wasserstoff zu tragen, der aus den erneuerbaren Energien kommt. „Den Wasserstoff nur aus der Biomasse zu holen, wird nicht ausreichen. Zudem müssen wir CO2 aus der Atmosphäre holen und in die Böden und geologischen Formationen bringen. Aber eines muss klar sein: Das macht nur Sinn, wenn man es global macht. Dann schaffen wir den Sprung von der klassischen Ökonomie zur Transitionsökonomie, mit der man eine systemische Resilienz erreichen kann“, schilderte Obersteiner. Für die systemische Resilienz müssten Klimaziele und Versorgungssicherheit unter einen Hut gebracht und die Ökonomie dazu umgebaut werden. „Das ist derzeit eine riesige Herausforderung, die wir langfristig trotz Krieg und Pandemie bewältigen müssen“, so Obersteiner.

Die 70. Wintertagung des Ökosozialen Forums findet von 17. bis 26. Jänner 2023 statt. An insgesamt zehn Fachtagen wird von Vortragenden und Diskussionsgästen die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft auf Basis biogener Rohstoffe behandelt, um die Versorgungssicherheit auch in Krisenzeiten künftig gewährleisten zu können. Eine Teilnahme ist sowohl vor Ort als auch online möglich. Die Videos sind im Anschluss in der Wintertagungs-Mediathek unter oekosozial.at abrufbar.