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Was die PRRS-Impfung für die Schweinemast bringt

Viruserkrankung Das Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom, kurz PRRS, ist, weil wirtschaftlich bedeutend, für Tierärzte und Schweinehalter leider ein Dauerthema geworden. Während es bei Sauen zu Fruchtbarkeitsstörungen führt, löst das PRRS-Virus bei Ferkeln teilweise schwere Atemwegsinfektionen aus

Von Heike Engels

Die Krankheit PRRS ist weltweit verbreitet und gehört zu den wirtschaftlich bedeutsamsten Infektionen in der Schweineproduktion. In Deutschland ist das Risiko der PRRS-Infektion sehr hoch, ganz besonders in schweinedichten Regionen, in denen bis zu 70 bis 80 % der Mastbetriebe PRRS-positiv sind. Die Erkrankung ist bei Schweinehaltern vor allem in Sauenbeständen gefürchtet (vermehrtes Umrauschen, Spätaborte sowie Würfe mit totgeborenen oder lebensschwachen Ferkeln). Doch auch in der Mast richtet das Virus große Schäden an: Es verursacht akute und chronische Erkrankungen der Atemwege. Bereits bei abgesetzten Ferkeln in der kritischen Flatdeckphase treten immer wieder Tiere mit Lungenentzündung, Fieber und einer höheren Empfindlichkeit gegenüber anderen Erregern auf. Die Masttiere entwickeln sich insgesamt sehr ungleich. Husten ist in der gesamten Mastperiode oft ein permanenter Begleiter, wird aber vielerorts nicht mit PRRS in Zusammenhang gebracht.

Mehr Antibiotika durch PRRS Besonders problematisch ist, dass, obwohl es sich bei PRRS um ein Virus handelt, welches mit Antibiotika nicht zu bekämpfen ist, PRRS auch den Antibiotikaeinsatz erhöhen kann, denn bei den häufig nachfolgenden bakteriellen Sekundärerkrankungen sind Antibiotika zur Therapie einzusetzen.
Das PRRS-Virus kann auf vielerlei Wege in einen Mastbestand gelangen. Neben dem Einstallen von positiven Ferkeln und dem Menschen selber (Hände, Kleidung, Stiefel) kann das PRRS-­Virus über die Luft, über Fahrzeuge und andere ­Geräte – insbesondere bei nass-kalter Witterung – übertragen werden.

Die Lungenabwehr hat keine Chance Die Lungenmakrophagen sind mit die wichtigsten Zellen des Immunsystems in der Lunge. Sie erkennen körperfremde Viren oder Bakterien und zerstören sie. Das PRRS-Virus wiederum trickst die Lungenmakrophagen aus. Es dringt in die Lungenmakrophagen ein und vermehrt sich dann sogar in ihnen, sodass es von anderen Makrophagen nicht entdeckt und bekämpft werden kann. Der Lungenmakrophage selber geht schließlich daran zu Grunde. So wird das Immunsystem der Lunge extrem geschwächt und das Virus kann sich längere Zeit dort verstecken. Andere eindringende Erreger können nicht mehr ausreichend abgewehrt werden, das heißt die Abwehrmechanismen der Lunge sind bei PRRSV-infizierten Tieren über einen längeren Zeitraum deutlich beeinträchtigt. Deshalb ist im Zuge von PRRS-Erkrankungen meist eine Zunahme diverser Sekundärinfektionen (PCV2, Mykoplasmen, Influenza …) zu beobachten. Bei Verdacht sollten Schweinehalter PRRS diagnostisch mittels Tupfer-, Speichel- oder Blutproben abklären lassen. Ein Screening mit ausreichend vielen Tieren aus verschiedenen Altersgruppen bringt Klarheit.

PRRS-Infektionen kosten immer Leistung Die Lungengesundheit entscheidet häufig über hohe oder niedrige Tageszunahmen und setzt eine funktionsfähige Immunabwehr der Lunge voraus. Außerdem kann ein Großteil der Medikamentenkosten der Mast auf die Atemwegspräparate fallen. Lungenschäden im Flatdeck und der Mast hindern die Schweine daran, ihr genetisches Potential auszuschöpfen und limitieren die Rentabilität der Schweineproduktion. Die Infektion senkt die Futter- und Wasseraufnahme und verlängert die Mastdauer. Die Erregerabwehr erfordert Nährstoffe, die nicht für das Wachstum zur Verfügung stehen. Trotz des zeitlichen und finanziellen Behandlungsaufwands wachsen die Gruppen auseinander. Nachzügler belegen wertvollen Stallplatz und scheiden hohe Viren- und Bakterienmengen in die Stall­umwelt aus.

Negative Folgen einer PRRS-Infektion:

Studie belegt größten wirtschaftlichen Schaden durch PRRS Im Rahmen einer Doktorarbeit (Düsseldorf, 2013) wurden in einer groß angelegten Studie die Auswirkungen von Atemwegserkrankungen auf die Wirtschaftlichkeit der Schweine­mast untersucht. 20 Betriebe nahmen mit je vier Durchgängen daran teil. Die klinische Lungen­gesundheit von über 10.000 Mastschweinen und das serologische Ergebnis von fünf Blutproben je Durchgang flossen ebenso wie die Tageszunahmen und die Futterverwertung in die Auswertung ein. Die Wissenschaftler untersuchten die am Schlachthof gezogenen Blutproben auf die Antikörper der wichtigsten Lungenerreger (PRRSV, Circo-Virus, APP, Influenza, Mykoplasmen) und brachten die betriebswirtschaftlichen Auswertungen der Mast­durchgänge und die Gesundheitsdaten des Schlacht­hofs zusammen. Es zeigte sich, dass v.a. PRRS die Wirtschaftlichkeit massiv beeinflusst. Tiere in PRRS-positiven Durchgängen hatten um ca. 70 g/Tag niedrigere Tageszunahmen, eine deutlich schlechtere Futterverwertung und in der Summe fehlten bis zu 31 Euro je Mastplatz und Jahr. Dies wurde errechnet auf Basis von durchschnittlicher täglicher Wachstumsrate und Futterwertung sowie weiteren Parametern wie Ferkelpreis, Einstallgewicht, Preis pro Kilo Fleisch, ­Transportkosten, Belegung des Stalles und verkauftes Gewicht in kg.

PRRS verschärft Atemwegserkrankungen Eine weitere Studie (Van Reeth, K. et al., 1996) zeigt, dass die Kombination des PRRS-Virus mit anderen weit verbreiteten Atemwegserregern (Influenza SIV, Porzines Respiratorisches Coronavirus PRCV) die klinischen Auswirkungen der Monoinfektionen verschärft. Außerdem wird am Beispiel der als Monoinfektion subklinisch verlaufenden PRCV-Infektion verdeutlicht, dass allein über die Co-Infektion mit dem PRRS-­Virus von schwach pathogenen ­Erregern schwerwiegende klinisch relevante Symptome ausgelöst werden können. Diese Ergebnisse wurden von einer zweiten Studie erneut belegt (Jung, K. et al., 2009). Auch Misch­infektionen ohne bakterielle Beteiligung führen zu schwerwiegenden Erkrankungen. Dies ist – neben weiteren – eine mögliche Erklärung für solche Situationen, in denen erkrankte Tiere nicht auf eingesetzte antibiotische Thera­pien reagieren.

PRRS kostet immer Leistung Aus einer Studie (Gosselin, M. et al., 2016) in 41 Betrieben geht hervor, dass – obwohl keine klinischen Symptome bei den Mastschweinen vorhanden waren – in den PRRS-positiven Betrieben die Tageszunahme (–38 g/Tag) signifikant niedriger war als in den PRRS-negativen Betrieben (siehe Tabelle 2). Die Futterverwertung fiel bei den PRRS-positiven Betrieben höher aus (1:2,48/2,52) sowie auch die Verluste (4,6 %/4,9 %). Damit bewiesen die Forscher den deutlichen Einfluss von PRRS auf die Leistung in der Mast. Selbst wenn keine spezifischen Symptome da sind, zeigt diese Situation einen finanziellen Verlust von 3,15 Euro/Schwein in den PRRS-positiven Betrieben auf.

Impfung als Schutz Die Ferkel sollten gegen PRRS geimpft werden, um PRRS-bedingte Schäden zu vermeiden. So lässt sich das Abwehrsystem der Lunge gegen den Wegbereiter der Atemwegserkrankung schützen. Die optimale Lösung für Ferkelaufzucht und Mast wäre, bereits geimpfte Ferkel einzustallen. Doch selbst wenn das nicht möglich ist, werden bei Masteinstall­ungsimpfung der Tiere häufig noch gut geschützt. Auf dem PRRS-Impfstoffmarkt sind aktuelle und verträgliche Impfstoffe mit geringem Injektionsvolumen (1 ml für Ferkel) verfügbar, die speziell für die respiratorische Form von PRRS entwickelt wurden und deutlich eine Reduktion der Lungenschäden bewiesen haben. Standard ist in der Regel bereits der Impfschutz gegen Circo und Mykoplasmen, verstärkt fragen Mäster aber derzeit nach dreifachgeimpften Ferkeln.

Fazit PRRS kann zu großen wirtschaftlichen Schäden nicht nur in der Ferkelerzeugung, sondern auch in der Mast führen. Über eine zielgerichtete Diagnostik im Bestand ist die Beteiligung des PRRS-Virus sowie weiterer Erreger an einer Atemwegsinfektion zu klären. Als Lösung bietet sich Mästern die Impfung gegen PRRS an. Sie bringt Stabilität, schützt vor PRRS-bedingten Atemwegserkrankungen und sichert damit Leistung ab. Eine Ferkelimpfung schützt die Ferkel auch bei hohem Virusdruck. Geschlossene Betriebe sollten bei hohem PRRS-Druck immer Sau und Ferkel impfen. Durch die Impfung kann sich das PRRS-Feldvirus im Bestand nicht mehr so einfach vermehren. Ein erfreulicher Nebeneffekt: Das Vermeiden von Atemwegsinfektionen in der Mast unterstützt Tierärzte und Landwirte im ständigen Bemühen um die Einsparung von Antibiotika. Vor diesem Hintergrund nimmt die Nachfrage nach Ferkelimpfungen immer mehr zu.

Dr. Heike Engels ist Fachjournalistin in Deutschland.