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Pro Silva: Wald braucht neue Jagdstrategien

Wie der letzte Bericht des Wildeinflussmonitorings (WEM) erneut bestätigt, zeigen sich seit zwölf Jahren nur in einzelnen österreichischen Bezirken erfreuliche Entwicklungen. Ein nachhaltiger, positiver Gesamttrend der Verbissbelastung durch Schalenwild in den heimischen Wäldern ist nicht erkennbar. Für eine volkswirtschaftlich verantwortbare Waldentwicklung braucht es dringend neue Wege, wie bei einem Praxisseminar in Kärnten, durchgeführt von Pro Silva Austria – ein Verein zur Förderung naturnaher Waldbewirtschaftung – gemeinsam mit dem Kärntner Forstverein, Forstbehörde und Jägerschaft sowie internationalen Experten und fast 80 Teilnehmern festgestellt wurde.

Viele Waldbesitzer sind sich des Wildeinflusses auf die Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Bestände oft gar nicht bewusst. Beim Wildeinflussmonitoring bleibt der Verbiss von Keimlingen und Pflanzen unter 10 cm Höhe unbeachtet. Gerade dort passiert aber die entscheidende Entmischung (Verlust seltener Baumarten, vor allem Tanne und Laubholz). Kontrollzäune – in Oberösterreich bereits Standard zur Beurteilung der Situation und Abschussplanung – sollten in allen Bundesländern als Maßstab für die Vegetationsentwicklung ohne Wildeinfluss eingerichtet werden, wurde beim Seminar konstatiert.

Besonders im Hochgebirge ist es dringend erforderlich, die Bewirtschaftung der sehr mobilen Arten Rotwild und Gamswild nicht auf oft kleine Jagdreviere abzustimmen, sondern – über Gemeindegrenzen (Hegeringe) hinaus – in Wildregionen zu planen und umzusetzen. „Wildökologische Raumplanung“ dürfe kein leerer Begriff sein, sondern müsse durch regionale Detailplanung – örtlich angepasst – auf die Reviere herunter gebrochen werden, fordert Pro Silva Austria. „Schwarze Schafe“ unter den Jagdgebieten sollen durch großräumige gemeinsame Abschusspläne zum aktiven Handeln angeregt werden.

Oberhalb von Göriach, im Gebiet einer extrem steilen Waldbrand- und Windwurffläche, wurde die erste „Freihaltezone“ nach dem Kärntner Jagdgesetz eingerichtet. Dort gibt es praktisch keine Einschränkungen beim Abschuss: Schalenwild ist ganzjährig zu erlegen, um die Wiederbewaldung der bedeutenden Schutzwaldflächen innerhalb kurzer Zeit zu sichern. Parallel dazu braucht Rotwild aber auch geeignete Ruhezonen, in denen es im Sommer und/oder Winter ohne Fütterung störungsfrei leben kann. Diese Gebiete sind auch Jagdruhezonen. Im nahen Nationalpark Hohe Tauern gibt es ein solches Gebiet im Seebachtal.

Weiters fordert Pro Silva Austria neue Jagdstrategien: Die klassische Ansitzjagd auf Freiflächen versagt in vielen Gebieten zunehmend. Jäger werden für das Wild kalkulierbar und Wild wird zunehmend nachtaktiv. Daher sind neue und inzwischen bewährte Methoden wie Intervalljagd, Gruppenansitz und gut vorgeplante Bewegungsjagden unbedingt publik zu machen und verstärkt anzuwenden.

Zunehmende Kalamitäten, wie die Windwürfe vom Herbst 2018, aber auch Borkenkäferbefall, erfordern rasche Wiederbewaldung. Durch künstliche Pflanzung allein wird diese nicht erreichbar sein. Die Ausnutzung der natürlichen Wiederbewaldung und das Aufkommen reichlicher Straucharten und Bodenpflanzen brauchen als Voraussetzung angepasste Wildstände. Der Klimawandel muss zum Umdenken zwingen.

Der Einsatz erheblicher öffentlicher Gelder zur Wiederbewaldung setzt klare Rahmenbedingungen voraus. Subventionierte Aufforstungen dürfen nicht mehr als Wildfutter enden, so Pro Silva Austria. Daher seien großräumige Projekte zur Regelung der „Wald-Wild-Situation“ und deutlich erhöhte Abschusszahlen zwingend für die Zukunft des österreichischen Waldes. Allein in Oberkärnten müssten die Rotwildbestände auf ein Drittel des aktuellen Standes gesenkt werden – zurück auf den Bestand von 1970