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Pflanzenschutz dient dem Schutz von Pflanzen

Glyphosat Die Diskussion um das Unkrautmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat ist nicht neu und verwirrt Landwirte und Konsumenten gleichermaßen. JOSEF GALLER meint dazu: Jeder Wirkstoff muss periodisch überprüft werden.

Glyphosat soll „wahrscheinlich krebserregend“ sein, weshalb laut jüngsten Pressemeldungen einige Agrarhändler Glyphosat-Produkte aus ihren Regalen verbannen wollen. Neben dem Lebensmittelhandel haben mittlerweile auch erste Molkereien neben „gentechnik-frei“ mit „glyphosat-frei“ eine neue Werbeschiene für sich entdeckt. Dabei hilft Ängste schüren niemanden, sondern verunsichert nur die Konsumenten.

Seit 40 Jahren am Markt Fakt ist: Glyphosat ist seit mehr als 40 Jahren im Einsatz und zählt weltweit mit über 3.000 wissenschaftlichen Studien zu den am meisten geprüften Wirkstoffen. In dieser Zeit gab es nie einen Verdacht und bis heute keinen Beweis einer krebserregenden Wirkung, der eine solche Vorverurteilung rechtfertigen würde.
Hintergrund für die nun immer massivere Aufregung ist eine nicht nachvollziehbare Einordnung von Glyphosat seitens der Internationalen Agentur für Krebsforschung, IARC, in die Kategorie 2A (= wahrscheinlich krebserregend). Hingegen zählen etwa Alkohol, Emissionen von Kachelöfen, Dieselmotoren, Tabakrauch, Holzstaub, Ruß etc. sowie auch eine stärkere Sonnenbestrahlung laut IARC zur Kategorie 1 A (= definitiv krebserregend). Wobei weder seitens der IARC noch anderen Institutionen neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, welche diese Einstufung von Glyphosat rechtfertigen würden. Und es gibt weltweit keine Fachbehörde, welche diese Einschätzung des IARC teilt.

Unbegründete Ängste Auch das Deutsche Bundesamt für Risikobewertung, BfR, als unabhängige Instanz schreibt, dass es diese Entscheidung nicht nachzuvollziehen kann, zumal alle zuständigen und unabhängigen Gremien, allen voran EU-Institutionen wie die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit oder Joint Meeting on Pesticide Residues, JMPR, eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus WHO und FAO, als auch die Europäische Chemikalienagentur, ECHA, zu dem Schluss gekommen sind, dass der umstrittene Wirkstoff nicht kanzerogen ist. Angst macht krank. Schon deshalb sollte man keine unbegründeten Ängste schüren.

Glyphosat-Fakten Der Wirkstoff Glyphosat greift in den Stoffwechsel der Pflanze ein und blockt ein Enzym, das zur Herstellung bestimmter Aminosäuren benötigt wird. Fehlen diese Aminosäuren, dann verwelken die behandelten Pflanzen. Da das blockierte Enzym im menschlichen Körper nicht vorkommt, gibt es auch keinen Hinweis für einen kanzerogenen Effekt, der Krebs auslösen könnte – und ein Totalverbot rechtfertigen würde. Ebenso könnte man die im Biolandbau erlaubten Pyrethrine, gewonnen aus Chrysanthemen, aus dem Verkehr ziehen, weil sie neurotoxisch wirken. Auch wird Glyphosat im Körper nicht angereichert und selbst bei einer Aufnahme infolge grob unsachgemäßer Anwendung schnell wieder über den Urin ausgeschieden.

Sichtweise ist Problem Nicht das Glyphosat, sondern die allgemeine Einstellung zu chemischem Pflanzenschutz an sich ist heute offenbar zum Problem geworden. Wenn man bei uns Glyphosat ohne fachliche Begründung verbietet, so müssten konsequenterweise auch alle Importe von Lebensmitteln aus Ländern verboten werden, in denen der Wirkstoff nach wie vor eingesetzt werden darf. Und irgendwann erreicht der „Kahlschlag“ wohl auch die Arzneimittel in der Apotheke.

Rauch und Brühen Schon der Grieche Theophrastus, Vater der Botanik, schrieb 300 Jahre vor Christus über Krankheiten wie Brand, Schorf und Fäule, die dem Menschen schwer zu schaffen machten. Die alten Römer hatten neben Kupfer- und Schwefelbrühen eigene Götter, denen sie Opfer darbrachten, um ihre Pflanzen vor Befall zu schützen. Jahrhunderte später gab es Heuschreckenplagen im Mittelalter. Kaiserin Maria Theresia befahl 1749 ihren Untertanen, mit Rauchfeuer oder simpel durch „Totschlagen der Tierl mit Dreschflegeln“ dagegen vorzugehen. Nicht zu vergessen das „Antoniusfieber“, ausgelöst durch Mutterkorn im Getreide, welches bis ins 20. Jahrhundert die Menschen dahingerafft hat  oder die Kraut- und Knollenfäule, wodurch allein in Irland zwischen 1840 und 1845 über eine Million Menschen verhungerten. Noch um 1950 drang der Kartoffelkäfer bis in die Sowjetunion vor. Diese Aufzählung ließe sich noch mit vielen Beispielen fortsetzen. Und bis heute geht noch immer ein Drittel der Welternte durch Unkräuter und Schädlinge verloren.

Fazit Heute betreiben die Landwirte „integrierten Pflanzenschutz“, beginnend beim Saatgut mit der Resistenzzüchtung, gezielter Sortenauswahl, verbesserter Bodenbearbeitung und Fruchtfolge sowie bei Überschreiten von Schadschwellen durch mechanische, biologische und chemische Pflanzenschutzmaßnahmen.
Neben oft faktenbefreiten Berichten in den Medien verunsichert eine fragwürdige „Grenz­wertpolitik“ die Konsumenten. An die Stelle von toxikologischen Bewertungen rücken immer öfter die Nachweisgrenzen von Pestiziden, welche dank verbesserter Analytik immer kleiner werden. So liegt der pauschale Grenzwert für Pestizide im Trinkwasser bei 0,0001 Milligramm/Liter (= Zehnmilliardstel Gramm). Das entspricht 1 Gramm in 1.000 Güterwaggons mit je 10 Tonnen. Und aus Sicht des Laien werden natürlich vorkommende Gifte in Früchten oder Pflanzen eher akzeptiert als geprüfte Wirkstoffe mit raschem Abbau und ungleich geringerer Toxizität. Dabei gilt seit jeher: Pflanzenschutz dient dem Schutz von Pflanzen. Und so indirekt dem der Menschen, die sie verzehren.

Dipl.-HLFL.-Ing. Josef Galler ist langjähriger Fachautor von BLICK INS LAND.