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Jungbauern wollen Tierwohl erklären

Österreichs bäuerliche Tierhalter sehen sich wiederholt mit harscher Kritik von NGOs zum vermeintlich „ungenügenden Tierwohl“ in ihren Ställen konfrontiert, Stallneubauten, die den Tieren mehr Platz, Komfort und Auslauf bieten würden, werden immer wieder von Anrainern und Bürgerinitiativen verzögert oder verhindert. Stefan Kast, der Obmann der Österreichischen Jungbauernschaft, sieht das Problem in der mangelnden Aufklärung der Gesellschaft über die österreichische Nutztierhaltung, weshalb man in Zusammenarbeit mit der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Rinderhalter (ZAR) einen Folder gestaltet hat, der die rechtlichen Voraussetzungen für alle Tiergruppen und deren praktische Umsetzung veranschaulicht.

Auf 28 Seiten wird der Themenbogen von der Tierschutzgesetznovelle 2017 über alle in Österreich zu findenden Tiergruppen gespannt. „Die heimische Landwirtschaft muss Antworten auf die Art ihrer Wirtschaftsweise, die Lebensmittelerzeugung und Produktherkünfte geben. Unser Ziel ist es, emotionale Themen aktiver aufzugreifen und zu bearbeiten. Wir wollen zeigen, was wir tun“, so Kast heute bei einem Pressegespräch. Das herrschende Informationsdefizit könnte sonst zum Bumerang werden, mahnt der Jungbauern-Obmann. Die einzige Möglichkeit, dem aktiv entgegenzuwirken, sieht der darin „die Bürger auf dem Weg der agrarischen Zukunft mitzunehmen“. Das bedeute mehr Kommunikationsschulungen für die aktiven Landwirte, damit diese ihrer Rollenänderung „vom Ernährer zum Erklärer“ gerecht werden können.

Was die Weiterentwicklung des Tierwohls betrifft, fordert Kast „mehr Hausverstand“. An der Regierung liege es – anstatt ständig neue Richtlinien zu erlassen, die zu steigenden Produktionskosten führen -, die Rahmenbedingungen für die bäuerliche Landwirtschaft so zu gestalten, dass diese ihre Aufgaben erfüllen und dafür ein faires Einkommen erzielen könne.

ZAR-Obmann Stefan Lindner ist überzeugt, „dass bäuerliche Familienbetriebe in Österreich das Beste für den Tierschutz tun“. Zum einen liege das an der Bestandsdichte, die hierzulande bei durchschnittlich 32 Rindern je Betrieb liegt, im Vergleich zu Deutschland, wo es 200 Tiere je Hof sind. „Unsere Rinderbauern haben für jedes Tier einen Namen, die Mensch-Tier-Beziehung ist sehr eng.“ Ein Faktum für das heimische Tierwohl sind zum einen der in allen Bundesländern präsente Tiergesundheitsdienst (TGD), der eine enge Zusammenarbeit zwischen Tierärzten und bäuerlichen Tierhaltern forciert, um mit Präventivmaßnahmen die Tiere gesund zu halten, sowie zum anderen das Qualitätssicherungsprogramm QS-Kuh, das einzeltierbezogen messbare Parameter ermittelt und damit dem Landwirt einen exakten Gesundheitsstatus seiner Rinder bietet. Anhand der Ergebnisse kann der Bauer die Fütterung und das Herdenmanagement anpassen und somit das Wohlergehen der Tiere sicherstellen. „Etwa 80% der österreichischen Milchkühe sind Kontrollkühe und rund 90% der angelieferten Milch stammen aus Kontrollbetrieben“, so Lindner.

Bedenklich findet der ZAR-Obmann, „dass Themen aus der Landwirtschaft nur mehr emotional diskutiert werden und jede Sachlichkeit fehlt“. Die neue Broschüre der Österreichischen Jungbauern „Zum Wohl der Tiere“ werde diesbezüglich aufklärend wirken. Er appelliert aber auch an die „Macht der Konsumenten“, wenn diese mehr Tierschutz wollen: „Mit dem Kauf heimischer, regionaler Produkte kann jeder aktiv zur Verbesserung beitragen“, denn Tierschutz sei ein Entwicklungsprozess, in dem aber ebenso Platz sein müsse für bestehende Systeme, die noch nicht ausfinanziert seien.

Der Präsident des Österreichischen Bauernbundes, Georg Strasser, unterstreicht diese Aussagen und verweist auf drei Aspekte, weshalb den heimischen Bauern ihre Tiere wichtig sind: Zum einen aus ethischen Gründen, zum anderen weil das Wohl der Tiere auch von den Märkten eingefordert wird und schließlich auch, „weil gesunde Tiere, denen es gut geht, wirtschaftlich Sinn machen“. Daher werde die Entwicklung zu mehr Tierwohl von den Landwirten auch gerne mitgetragen, „jedoch dürfen die dabei entstehenden Kosten nicht auf die Bauernschaft abgewälzt werden“, betonte Strasser. Kritisch sieht er in dieser Thematik die „Überreaktion“ in den Regionen gegen die erwähnten Stallneubauprojekte. Die Folgen davon seien eine sinkende Selbstversorgung und steigende Importe aus Staaten mit weniger strengen Tierschutzbestimmungen.