Eine demokratische Entscheidung
Österreich könnte das erste Land sein, in dem Glyphosat gänzlich verboten wird. Sein Unternehmen wolle die Entscheidung respektieren, beteuert der Geschäftsführer von Bayer Crop Science Deutschland, Peter R. Müller, in einem Gespräch mit STEFAN NIMMERVOLL.
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Können Sie nachvollziehen, wie es zu der Verbotsentscheidung im österreichischen Nationalrat kommen konnte?
Müller: Nachvollziehen schon. Die Politik hat zugunsten von Wählerstimmen agiert. Gutheißen aber nicht. Die Art und Weise, wie mit der Einschätzung von Wissenschaftlern umgegangen wird, stört mich. Das österreichische Parlament hebt die Bewertung der eigenen Behörden wieder auf. Damit habe ich offen gestanden ein Problem.
Wird Bayer gegen das Verbot des Wirkstoffs klagen?
Das beabsichtigen wir nicht. Die Österreicher können selbstbestimmt entscheiden, wie sie Lebensmittel produzieren wollen. Das ist vollkommen legitim. Es handelt sich um eine demokratische Entscheidung. Diese gilt es zu respektieren, auch wenn wir Anstoß daran nehmen, wie sie getroffen wurde.
Wird das Verbot halten?
Das Verbot ist in der Form nicht EU-rechtskonform. Ich gehe davon aus, dass die EU-Kommission einschreiten wird.
Auch Deutschland und Frankreich stellen Glyphosat in Frage.Ist es überhaupt realistisch, dass die EU-weite Zulassung über 2022 hinaus verlängert wird?
Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering. Glyphosat ist bei sachgemäßer Anwendung zwar sicher und uns sind keine wissenschaftlichen Aspekte bekannt, die gegen eine Verlängerung der Zulassung sprechen. Die deutsche Bundesregierung hat allerdings gerade deutlich gemacht, dass sie eine Wiederzulassung nicht unterstützen will, ganz gleich zu welcher wissenschaftlichen Erkenntnis die zuständigen Behörden kommen.
Ist die Aufregung in Österreich dann nicht überzogen, wenn der Wirkstoff ohnehin bald verboten wird?
Die Aufregung ist nachvollziehbar, aber von allen Seiten etwas überzogen. Das bringt uns nicht weiter.
Bei manchen Wortmeldungen bekommt man aber den Eindruck, dass eine Landwirtschaft ohne Glyphosat gar nicht möglich ist.
So ist es natürlich nicht. Auch vor dessen Erfindung vor 40 Jahren wurde erfolgreich Landwirtschaft betrieben. Und ja, es ist auch vollkommen richtig, dass es Alternativen zu Glyphosat gibt. Natürlich kann man Unkräuter auch mit mechanischen Methoden bekämpfen – und es gibt auch andere Herbizide. Der Arbeitsaufwand für die Landwirte wird dadurch aber erheblich höher, es wird durch die Bodenbearbeitung mehr CO2 freigesetzt und es besteht eine erhöhte Erosionsgefahr.
Bereut Bayer es mittlerweile, sich Monsanto und damit die Glyphosat-Diskussion ins Haus geholt zu haben?
Nein, eigentlich nicht. Wir sind dadurch undogmatischer geworden und haben uns neue Technologien abseits des chemischen Pflanzenschutzes ins Haus geholt. Ganz bestimmt haben wir uns aber nicht gewünscht, dass der sehr gute Ruf, den wir immer hatten, derart in Mitleidenschaft gezogen wird. Gerade wir als Bayer haben verantwortungsvolles unternehmerisches und gesellschaftliches Handeln immer sehr hoch gehalten. Die Art und Weise, wie über unser Unternehmen gesprochen wird, tut weh. Deshalb versuchen wir, die Debatte zu versachlichen. Das wird Zeit brauchen.