Direktzahlungen: Abschaffen oder Obergrenzen einführen?
Österreich werde als Nettozahler für eine um Großbritannien verkleinerte EU keine zusätzlichen Mittel bereitstellen, bekräftige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger am Rande des EU-Agrarrats in Brüssel hinsichtlich der anstehenden Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen. Das bedeute aber nicht automatisch eine Kürzung der Förderungen für österreichische Landwirte. Stattdessen müssten die Schwerpunkte in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geändert werden. Den bäuerlichen Familienbetrieb und die Qualität will Köstinger zukünftig in den Fokus rücken. Die „Massenproduktion“ sollte dagegen weniger gefördert werden. „Es werden immer die gleichen zur Kasse gebeten“, bemängelte die Ministerin. Sollten dennoch Mittel aus dem EU-Agrarhaushalt fehlen, könne Österreich aus dem nationalen Haushalt auch kompensieren, stellte Köstinger in Aussicht. Österreich trete für Kürzungen bei Bürokratie und Verwaltung ein sowie für eine verpflichtende Obergrenze bei den EU-Direktzahlungen und für eine degressive Förderung, bei der die ersten Hektar stärker als die nachfolgenden gefördert werden.
Die Aussprache im EU-Agrarrat zur Zukunft der GAP lobte EU-Agrarkommissar Phil Hogan als bisher „beste Debatte“, in der weitgehend alle EU-Mitgliedstaaten mit dem Konzept für die Modernisierung der GAP übereinstimmten. Die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft holte beim Februar-Rat in Brüssel die Meinungen der Minister zu den Direktzahlungen, den Umweltauflagen und den ländlichen Förderprogrammen ein. Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten sieht die Direktzahlungen als zentrales Element der GAP an, mit denen die Einkommen der Landwirte unterstützt werden müssten. Außerdem sorgten die Prämien für einen Ausgleich bei niedrigen Marktpreisen. Lediglich die Niederlande und Schweden können sich eine Debatte über das Ende der Direktzahlungen vorstellen. Die Direktzahlungen führten zu höheren Bodenpreisen, kritisierte die niederländische Landwirtschaftsministerin Carola Schouten.
Zahlreiche Minister möchten zukünftig eine Obergrenze für die Direktzahlungen einführen und die Zahlungen für kleine und mittlere Betriebe erhöhen. Allerdings sollten solche Regelungen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Rumänien und Tschechien betonten, sie lehnten eine Obergrenze für die Direktzahlungen ab, um ihre Großbetriebe nicht zu benachteiligen.
Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten möchte die Direktzahlungen ausbauen, die an eine bestimmte Erzeugung gebunden sind. Etwa um die Mutterkuhhaltung in Berggebieten zu erhalten, zahlen heute schon einige EU-Länder gekoppelte Direktzahlungen. Die gezielten Produktionsanreize sollen zukünftig ausgebaut werden, forderte eine Mehrheit im EU-Agrarrat. Die bulgarische EU-Ratspräsidentschaft hatte in der Aussprache über die Zukunft der GAP speziell nach gekoppelten Direktzahlungen gefragt. Ungarn möchte seine künftig auch an die Schweine- und Geflügelhaltung knüpfen. Zahlreiche Minister sehen darin ein Instrument, Sektoren in Krisenzeiten zu unterstützen. Viele EU-Mitgliedstaaten wollen mit Hilfe der gekoppelten Zahlungen den Anbau von Eiweißpflanzen in der EU ankurbeln. Lediglich Deutschland, die Niederlande und Schweden sprachen sich im Rat gegen Produktionsanreize aus, die zu Verzerrungen im Wettbewerb zwischen EU-Mitgliedern führten. Hogan möchte das Instrument in der anstehenden Reform beibehalten, aber nicht ausbauen. Er sieht Vorteile für Sektoren in Schwierigkeiten, besteht aber auf einem klaren Rahmen für die Einflussnahme auf die Erzeugung.