Bauernbund will bei Mercosur „Flagge zeigen“
Für den ÖVP-Bauernbund ist es unvereinbar in Österreich die bäuerlichen Produktionsstandards in die Höhe zu schrauben und gleichzeitig dem massenhaften Import von Agrarerzeugnissen aus weit entfernten Staaten in die EU, wie mit dem Mercosur-Abkommen geplant, Tür und Tor zu öffnen. Das hielt dessen Präsident Georg Strasser bei einer Pressekonferenz in Wien fest. „Die bisher an die Öffentlichkeit gelangten Zahlen zu den Einfuhrmengen verheißen nichts Gutes. Die Rede ist unter anderem von 100.000 t Rindfleisch, 100.000 t Geflügel, 190.000 t Zucker und 650.000 t Ethanol sowie nicht näher genannten Mengen an Honig, Käse, Milchpulver und Säuglingsnahrung.“ Jedes Kilogramm mehr Rindfleisch werde auf dem EU-Binnenmarkt am Erzeugerpreis spürbar. Im Hinblick auf den Ausstieg Großbritanniens aus der EU sei zudem nicht absehbar, wie die Briten ihren Rindfleischbedarf künftig decken werden. „Wenn es nicht mit irischer Ware ist, sondern mit südamerikanischer, bleiben die irischen Produktionsmengen im Binnenmarkt, was für ein Überangebot sorgt und wiederum den Preis drückt“, so Strasser.
„Wir befürchten, dass im sensiblen Agrarsektor massive Zugeständnisse hingenommen wurden, um das Abkommen schnellstmöglich unter Dach und Fach zu bringen“, übt er Kritik an der EU-Kommission. Sollte es zu einem baldigen Abschluss kommen, müsse es im Agrarsektor noch Nachverhandlungen und jedenfalls einen finanziellen Ausgleich geben. An Kürzungen beim EU-Agrarbudge tsei unter solchen Umständen schon gar nicht zu denken.
Das sieht auch Europaparlamentarierin Simone Schmiedtbauer so: „Die Gesellschaft stellt in puncto Lebensmittelerzeugung immer höhere Anforderungen an die Bauern, daher kann die österreichische Landwirtschaft Kürzungen bei den EU-Mitteln auf keinen Fall verkraften.“ Sie werde deshalb bei den Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen den geplanten Kürzungen für den Agrarsektor „auf keinen Fall zustimmen“, unterstrich Schmiedtbauer. Gleichzeitig fordert sie Unterstützung für die bäuerlichen Familienbetriebe durch die Verbraucher beim täglichen Einkauf, aber ebenso innenpolitische Partner, „die zu uns stehen“.
Die Landwirte dürften nicht durch die Finger schauen, wenn sie mit Billigimporten konkurrieren müssten, die bei Weitem nicht den hohen EU-Standards entsprechen würden, erteilt auch Schmiedtbauer dem vorliegenden Entwurf zum Mercosur-Deal der EU-Kommission eine klare Absage und sieht großen Nachbesserungsbedarf für den Agrarsektor. „Wenn es um Existenzen geht, stelle ich mich klar hinter die österreichischen Bäuerinnen und Bauern. Was wir brauchen, ist eine klare und deutliche Lebensmittel-Herkunftskennzeichnung, damit der Konsument weiß, was er kauft und welches Risiko er eingeht, wenn er zur billigeren Ware greift“, sieht Schmiedtbauer darin zwar kein Allheilmittel, aber eben doch eine große Chance durch die Wahlmöglichkeit für die Konsumenten.
Auch vom zweiten bäuerlichen EU-Abgeordneten Alexander Bernhuber kommt Kritik zum Mercosur-Deal. Er stellt vor allem die Frage nach den Folgen für den Klimaschutz durch den Schiffstransport von Abertausenden Tonnen an Lebensmitteln aus den Mitgliedstaaten von Mercosur in den Raum: „Das Klima, die Umwelt und die Landwirtschaft zugunsten eines unfairen Freihandels zu opfern, ist fatal. Die gravierenden negativen Effekte auf Umwelt und Klima durch die langen Transportwege sind inakzeptabel. Qualität statt Quantität – diesen Anspruch möchten wir gemeinsam in Europa festigen, denn, ungezügelter Freihandel darf nicht auf dem Rücken unserer europäischen und österreichischen Bauern ausgetragen werden“, zeigt sich Bernhuber kämpferisch.
Im Bild: Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig, die Europaparlamentsabgeorndeten Alexander Bernhuber und Simone Schmiedtbauer und Bauernbund-Präsident Georg Strasser.