AMA-Fleischforum über Zukunft und Markt
Beim AMA-Fleischforum in Perchtoldsdorf diskutierten 180 Gäste mit hochkarätigen Referenten über die Zukunft der Fleischproduktion und Vermarktung.
Hendrik Haase, Berliner Food-Aktivist, skizzierte das Fleischmarketing der Zukunft in einer klugen Nutzung analoger und digitaler Potenziale. Haase ist überzeugt, dass die Fleischwelt ein digitales Update braucht. Vor allem junge, urbane Käufer erwarten seiner Meinung nach, die Packung scannen zu können und direkte Infos zur Haltung, Rasse und Qualität zu erhalten. „Die Daten sind alle vorhanden, die Produzenten brauchen sie nur nutzen“, appelliert Haase. Transparenz würde helfen, die Glaubwürdigkeit dieses hochemotionalen Lebensmittels zu stärken.
Otto Gourmet, der erste Online-Shop für Fleisch in Deutschland, 2005 gegründet, bedient heute vier stationäre Geschäfte, 1200 b2b-Kunden und mehr als hunderttausend Privatkunden. Geschäftsführer Stephan Otto möchte mittels Tastings, Partys oder mit Spitzenköchen als Testimonials Fleisch zum Erlebnis machen. Konsumenten, die vom Genussaspekt des Fleisches überzeugt sind, sind seiner Erfahrung nach bereit, für gutes Fleisch mehr zu bezahlen. Otto plädiert auch dafür, mit kritischen Menschen mutig in die Diskussion zu gehen.
Horst Jauschnegg, Tierzuchtdirektor der LK-Steiermark, beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Klimaveränderung und deren Auswirkungen vor allem auf die Tierhaltung. Jauschnegg unterstrich die enorme Bedeutung des Grünlandes bei der Treibhausgasreduktion. „Österreich ist mit seinem hohen Grünlandanteil hier besonders klimaeffizient“, so der Experte.
Im Auftrag der AMA befragte das Marktforschungsinstitut Marketagent Konsumenten über ihre Einstellungen zu Tierwohl. Meinungsforscherin Judith Traxler präsentierte die brandaktuellen Zahlen. Grundsätzlich hätten die Konsumenten hohes Interesse an Tierwohl und wünschen sich Information, es ist aber nicht für alle leistbar. 22 Prozent der Befragten gaben an, sich Lebensmittel aus besonderen Haltungsbedingungen derzeit nicht leisten zu können. Ein Drittel der Studienteilnehmer wäre hingegen bereit, mehr fürs Tierwohl zu bezahlen. Für jeden zweite davon ist ein Preispremium von 25 Prozent vorstellbar.
Fleischermeister Rüdiger Heppelmann von EDEKA Südwest, stellte das deutsche System der Initiative Tierwohl vor. Seit vorigem Jahr gibt es eine einheitliche Kennzeichnung der Tierhaltung mit vier Stufen. EDEKA Südwest zeichnet die Tierhaltung auch in der Frischfleischtheke aus. Die ersten Erfahrungen stimmen positiv: Laut einer Umfrage im Dezember 2021 ist das vierstufige System für neun von zehn Befragten gut und verständlich. 78 Prozent sind überzeugt, dass die Kennzeichnung langfristig zum bewussteren Einkauf und zur stärkeren Berücksichtigung des Tierwohls führen wird.
Die AMA selbst arbeitet an einer Tierhaltungskennzeichnung für den heimischen Markt. Statt vier sind fünf Stufen geplant, um die verschiedenen Ausprägungen der Tierwohl-Produktion gezielter abbilden zu können. Die freiwillige Kennzeichnung soll sowohl mit als auch ohne AMA-Gütesiegel-Teilnahme möglich sein und alle Formen der Tierhaltung – vom gesetzlichen Standard bis Bio – umfassen. Wichtig bei der Erarbeitung der Einstufung ist die Gleichwertigkeit für alle Tierarten. Die Kennzeichnung soll Fleisch, Fleischwaren, Milch und Milchprodukte umfassen. Neben der Auslobung auf den Produkten sollen weiterführende Plattformen – via Website oder QR-Code – Informationen für interessierte Konsumenten bieten.
Alle Vorträge sofort zum Nachsehen: https://amainfo.at/konsumenten/aktuelles/ama-fleischsymposium-2022