Patentbeschwerde gegen Carlsberg abgeblitzt
Das Europäische Patentamt hat soeben die Beschwerde gegen ein Patent auf Braugerste der Firma Carlsberg (EP2373154) zurückgewiesen. Damit hat es die Technische Beschwerdekammer auch versäumt, grundsätzliche Fragen der Patentierbarkeit von Pflanzen aus konventioneller Züchtung zu klären. Als Erfindung beansprucht werden ohne Gentechnik gezüchtete Gerstenpflanzen, die Ernte und das daraus hergestellte Bier. Das Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“ fürchtet erhebliche negative Folgen derartiger Patente, die auch auf Gemüse, Obst und andere Lebensmittelpflanzen erteilt werden.
„Das ist ein schlechter Tag für Brauereien und die Gerstenzucht, weil ein Patent bestätigt wurde, das gar nicht erst hätte erteilt werden dürfen. Derartige Patente beeinträchtigen die Vielfalt auf dem Acker, den Fortschritt in der Züchtung und die Interessen der Verbraucher.“ sagt Christoph Then vom Bündnis Keine Patente auf Saatgut!. „In der Folge hat es das EPA versäumt, ähnlichen Patenten einen wirkungsvollen Riegel vorzuschieben. Es wird also in Zukunft noch mehr Patente auf Gerste und Bier geben.“ Der Carlsberg-Konzern hat bereits rund ein Dutzend ähnlicher Patente angemeldet. Zu diesem Zweck wird das Erbgut der Gerste systematisch nach genetischen Variationen durchsucht, die nützlich sein könnten. Vier Patente wurden vom EPA bisher erteilt, gegen drei wurde Einsprüche eingelegt. Über einen dieser Einsprüche wurde heute entschieden.
Das Beispiel eines Gerstenzüchters, das diese Woche bekannt wurde, zeigt, wie Patente auf Saatgut die Züchtung neuer Sorten behindern und diese auch blockieren können. „Nachdem wir über 20 Jahre mit Gerstenpflanzen gezüchtet hatten, mussten wir kurz vor der Registrierung unserer neuen Sorte feststellen, dass Carlsberg eine Gerste mit ähnlichen Eigenschaften zum Patent angemeldet hatte“, beschreibt der ökologische Züchter Dr. Karl-Josef Müller von Cultivari. „Wir hätten damit nicht nur die Gebühren für die Registrierung der eigenen Sorte bezahlen müssen, sondern es drohten auch erhebliche Kosten für unerwartete rechtliche Fragen. Das ist für uns schlichtweg nicht finanzierbar.“
Im betreffenden Patentantrag von Carlsberg werden bestimme Genvarianten (Mutationen) beschrieben. Es ist aber nicht bekannt, ob diese Varianten auch in der Sorte von Cultivari vorliegen. In diesem Fall hatte Cultivari großes Glück: Der fragwürdige Patentantrag von Carlsberg (WO2019134962) gilt seit kurzem als zurückgezogen. Cultivari hat sich deswegen dazu entschlossen, die neue Sorte zur Zulassung zu bringen.
Keine Patente auf Saatgut! fordert klare Vorgaben von der Politik: Obwohl die europäischen Patentgesetze es verbieten, konventionell gezüchtete Pflanzen und Tier als ‚Erfindung‘ zu beanspruchen, gibt es zahlreiche Schlupflöcher, die geschlossen werden müssen. So muss in Zukunft klar zwischen zufälligen Mutationen und gentechnischen Anwendungen unterschieden werden. Solange diese Fragen nicht geklärt sind, fordert Keine Patente auf Saatgut! ein Moratorium für weitere Patenterteilungen im Bereich der Züchtung. Eine entsprechende Petition wurde bereits von rund 200.000 UnterstützerInnen unterschrieben.