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Vom Linksrüssler bis zum wenig sensiblen Sensor

Die 29. Freilandtagung – auf  der VetMedUni Wien abgehalten – versammelte wieder an die 180 Interessierte, Fragen des Tierwohls, der Umweltwirkung und der Mensch-Tier-Beziehung zu diskutieren.

Gerade die Mastschweinehaltung stehe vor größeren baulichen Anpassungen. Ansätze, mehr Tierwohl zu verwirklichen sollten möglichst nicht mit Nachteilen in der Klimawirkung verbunden sein, betonte Katharina Ruckli in ihrem Vortrag. Einstreu verbessert jedenfalls das Tierwohl, allerdings sollten Verbesserungen bei der Buchtengestaltung den im Mist entstehenden Ammoniak minimieren.

Cäcilia Wimmler ging auf mehr Tierwohl im Auslauf von Schweinen ein. Ressourcen wie Duschen, Wühlbereiche oder Raufen können die Attraktivität des Auslaufs steigern. Schweine scheinen längere Aufenthalte unter Duschen zu meiden, was bedeutet, dass Tröpfchen dem Nebel vorgezogen werden. Rauhfutterraufen im Auslauf tragen zur Sauberkeit im Raufenbereich bei, weil die Schweine dort weder koten noch harnen. Mit Erde gefüllte Wühlkisten werden gerne angenommen, allerdings auch mit der Zeit verkotet, was zu hoher Arbeitsbelastung führt.

Seine Erfahrungen mit dem Umbau eines konventionellen Vollspaltenmaststalls in eine biotaugliche Anlage schilderte der Landwirt Andreas Mittermayr. Seine Erfahrungen seien sehr positiv. Trotz Langschwänzen habe sich das Schwanzbeißen fast aufgehört. Die Mehrarbeit durch Stroh und Mist werde durch die Bio-Preise abgegolten. Nach der erfolgreichen Umstellung wurde ein Hofladen mit einem umfangreichen Sortiment auch von anderen Bauern und mit eigenem Schweinefleisch gestartet. Die Nachfrage habe nach den Lockdowns etwas nachgelassen, aber immer noch zufriedenstellen.

Charlotte Goursot forscht über die Lateralität beim Hausschwein. Lateralität bedeutet beim Menschen etwa Links- oder Rechtshändigkeit. Auch beim Schwein gebe es solche Seitenpräferenzen. Es gebe Links- oder Rechtsschwänzler, oder Rüssler. Deshalb erhöhe es das Tierwohl, wenn Schweine sich freie entscheiden können, aus welcher Richtung sie ihre Umwelt erkunden und darauf reagieren.

Stephanie Lürzel beschäftigte sich eingehend mit der Mensch-Tier-Beziehung bei Rindern. Um die Beziehung zu verbessern, solle man einen ruhigen, vorhersagbaren Umgang mit Tieren pflegen. Laute Geräusche sind zu vermeiden. Streicheln am unteren Hals und am Widerrist werde von Rindern als angenehm empfunden. Man solle beachten, dass die Tiere selbst entscheiden sollen, ob und wo sie die Berührung haben wollen.

Michael Iwersen warf die Frage auf, ob Sensoren für die Gesundheit von Rindern ein Albtraum sein könnten. Digitale, mit „künstlicher Intelligenz“ versehene Systeme seien noch weit davon entfernt, die denkenden Verterinäre und Bauern zu ersetzen. Vor deren Einführung sollte eine unabhängige Evaluierung der Technologien erfolgen, die auch eine ökonomische Bewertung mit enthält.

Webseite: www.freiland.or.at

Red. A. Burgstaller