„Nachernte“ zur Abfallvermeidung
Nachernten sind in Österreich noch relativ wenig gebräuchlich. Ein vom BOKU-Institut für Abfallwirtschaft geleiteter Pilotversuch zeigt jetzt, dass bis zu 3% des Ertrages auf den Feldern verbleiben, obwohl bis zu 70% davon marktfähig wären. Durch den Ausbau von Nachernte-Netzwerken könnte in Österreich ein Beitrag zur Abfallvermeidung in der Landwirtschaft geleistet werden, betonen die Autoren.
Im Rahmen des EU-Projektes STREFOWA wurden erstmals Daten zum Potenzial der Lebensmittel-Abfallvermeidung gesammelt. Insgesamt wurden rund 20 ha Feldfläche von zwei verschiedenen Betrieben (dem Erdäpfel-und Zwiebelproduzenten Prischink sowie dem Adamah Biohof) untersucht. Die Mitarbeiter des Instituts konnten auf diesen Flächen mehr als 1,5 t einwandfrei genießbare Lebensmittel von sieben verschiedenen Gemüsearten (Erdäpfel, Karotten, Kürbis, Zeller, Rote Rüben, Schwarzwurzel und Salat) nachernten. Es zeigte sich, dass bis zu 3% des Ertrages auf den Feldern verbleiben. Abhängig von der Kultur sowie den Erntebedingungen und der Technik seien bis zu 70% des am Feld verbleibenden Gemüses marktfähig, betonten die Studienautoren.
Das aufgesammelte Gemüse wurde an die „BiowirtInnen“ (eine Vereinigung der österreichischen Biogastronomen) und an das Wiener Hilfswerk weitergegeben. Ziel ist es, auch in Österreich ein Nachernte-Netzwerk aufzubauen und interessierte Stakeholder zusammenzubringen. Dafür werden entsprechende Lager- und Transportoptionen gesucht, alternative Vermarktungswege für B-Ware getestet und Nachernte-Nachmittage organisiert. Interessierte können sich beim Institut für Abfallwirtschaft melden. Das Nachernten von ess- oder verwertbaren landwirtschaftlichen Produkten ist in anderen Ländern wie Großbritannien oder den USA bekannter. Hier gibt es bereits Netzwerke, die von mehreren tausend Freiwilligen getragen werden.
Witterungs- und Bodenverhältnisse, Erntetechnik, aber auch Vermarktungsnormen hindern Landwirte mitunter daran, einwandfreies Gemüse zu verkaufen. Schäden wie Maus- und Rehbiss oder Sonnenschäden führen dazu, dass etwa bei Kürbissen ganze Früchte entsorgt oder am Feld gelassen werden – ungeachtet dessen, dass nur ein kleiner Teil beschädigt ist und sie gesundheitlich unbedenklich wären. Auch die Ansprüche der Konsumenten sind hoch: Eine ungewöhnliche Form oder Farbe von Produkten wird fälschlicherweise oft mit geringerer Qualität verbunden. Auch Sorten, die schnell verderben, stellen die Bauern oft vor logistische Herausforderungen. STREFOWA (Strategies to Reduce and Manage Food Waste in Central Europe) ist ein dreijähriges Projekt in Zentraleuropa. Mit dem Ziel, Lebensmittelabfälle zu reduzieren und den weiteren Umgang mit ihnen zu optimieren, werden Daten erhoben, neue Ideen entwickelt und in der Praxis erprobt. Das Projektteam setzt sich aus neun Partnern aus fünf Staaten zusammen – Österreich, Tschechien, Ungarn, Polen und Italien.