Insektenstudie mit unerwarteten Ergebnissen
Erhoben wurden Daten von 4.285 Insektenarten an 309 Testflächen in ganz Österreich. So wurden Veränderungen von Insektenpopulationen in den letzten 30 Jahren analysiert – etwa von Heuschrecken, Fangschrecken, Hummeln Wanzen oder Zikaden. „Das ist die umfangreichste Erhebung zur Entwicklung der Insektenpopulation, die es in Österreich je gegeben hat“, so Totschnig.
Die Artenvielfalt der Insekten in Österreich sei vor allem im Interesse der Bäuerinnen und Bauern. Denn die intakten Ökosysteme sind auch ihre Lebensgrundlage. „Die Studie zeigt eindeutig, dass sich traditionelle, biodiversitätsfördernde Wirtschaftsweise unserer Land- und Forstwirtschaft positiv auf die Insekten-Artenvielfalt auswirken. Demnach weist extensiv genutztes Grünland eine höhere Artenvielfalt aus als Flächen, die nicht mehr bewirtschaftet werden. Die landwirtschaftliche Nutzung leistet einen wichtigen Beitrag für den Erhalt der Insekten-Biodiversität in Österreich. Mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik werden die Biodiversitätsflächen von 150.000 ha auf 230.000 ha ausgeweitet“, unterstrich Totschnig.
Während die Gesamtzahl der meisten untersuchten Insektengruppen in Österreich stabil ist, wurden gleichzeitig Veränderungen beim Artenspektrum festgestellt. „Etwa ein Viertel der ursprünglich vorhandenen Arten wurde durch neue ersetzt. Arten, die an kältere Klimabedingungen und nährstoffarme Lebensräume angepasst sind, werden weniger, während sich wärmeliebende Arten ausbreiten. Die Studie zeigt damit einmal mehr, dass der Klimawandel Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat – auch auf die Insektenwelt. Entscheidend für den Insektenbestand in Österreich ist, dass wir die Biodiversität, Hecken und Flure wie auch Wasserzugänge weiter erhalten – das geht nur mit unseren Bäuerinnen und Bauern“, verweist Totschnig auf zahlreiche Maßnahmen, die bereits umgesetzt werden.
Mit dem Agrarumweltprogramm im Rahmen der GAP werden seit Jahren biodiversitätsfördernde Bewirtschaftungsformen unterstützt. „In der neuen GAP stehen nun 570 Mio. Euro pro Jahr für freiwillige Umweltleistungen der heimischen Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung. Das Landwirtschaftsministerium arbeitet zudem am Forschungsprojekt ‚insektenschonendes Mähen‘. Dabei wird untersucht, wie sich unterschiedliche Mähtechniken auf die Insekten auswirken. Ziel ist es, den Umstieg auf insektenschonende Technik zu forcieren“, so Totschnig.
„Die Sorge um die heimische Insektenwelt bewegt immer mehr Menschen, doch fehlte es bisher an Studien, die die Veränderungen der letzten Zeit umfassend bewerten konnten. Mit dieser ‚Insektenstudie‘ war es nun möglich, für ausgewählte Insektengruppen einen repräsentativen Überblick über die Veränderung von Artenzahl und Populationsdichte an über 300 Standorten verteilt über Österreich zu gewinnen“, erklärte Zuna-Kratky. Dieser Rückblick über die vergangenen 30 Jahre wurde laut dem Experten von einer gründlichen Auseinandersetzung begleitet, mit den Faktoren, die auf unsere Insektenpopulationen einwirken sowie mit einer Analyse der Ansprüche und Gefährdungspotenziale von über 4.000 Insektenarten. Dies sei nur durch die Zusammenarbeit eines Teams mit über 20 Insektenkundlern möglich gewesen. Die Ergebnisse waren vielfach auch für Zuna-Kratky überraschend, würden aber dabei helfen, die Veränderungen in der Insektenwelt zu verstehen und gezielte effiziente Maßnahmen zu deren Unterstützung zu ergreifen.
Die Artenvielfalt in der heimischen Insektenwelt blieb in Summe stabil, die Dichte der Insekten zeigte geringfügige Veränderungen, aber die Artenzusammensetzung ändert sich deutlich. Vor allem die Klimaerwärmung führte zu einer neuen Artenzusammensetzung. Im Durchschnitt war nach 30 Jahren etwa ein Viertel der ursprünglich vorhandenen Arten nicht mehr nachweisbar. Diese wurden durch neue Arten ersetzt (z. B. Lauchschrecke). Abgenommen haben spezialisierte Arten von nährstoffarmen Standorten sowie an kältere Bedingungen angepasste Insekten. Zugenommen haben vor allem wärmeliebende Arten mit vergleichsweise geringen Ansprüchen an ihre Lebensräume.
Bei der Zahl der auf den Flächen gefundenen Individuen zeigen sich bei den meisten untersuchten Insektengruppen in Summe keine signifikanten Zu- oder Abnahmen. Bei den Heuschrecken und Fangschrecken gab es österreichweit einen Rückgang der Populationsdichten mit deutlichen regionalen Unterschieden. So nahmen die Populationen in den Hochalpen zu. Positive Entwicklungen gab es bei den Tagfaltern in den Ackerbaugebieten der Tieflagen.
Die Ergebnisse der Insektenstudie können in der Forschungsdatenbank des Landwirtschaftsministeriums unter https://dafne.at/projekte/insektenstudie abgerufen werden.