Foto: agrarfoto.com

Eine Rechnung ohne Wirt

Mutterkuhhaltung Franz Tripolt ist sauer. 8.500 Euro bezogener Fördergelder soll der Mutterkuhhalter in Kärnten zurückzahlen. Und das, weil er, laut eigenen Angaben, zwei Kühe auf seine Alm aufgetrieben hat. Bei der von ihm kritisierten AMA schiebt man den Umstand dafür auf die EU.

Tripolt hat, wie 1.840 andere Bauern in Österreich auch, Doppelförderungen bezogen. Das haben Prüfer der Europäische Kommission festgestellt. Von der Agrarmarkt Austria, AMA, ist Tripolt daher ein Bescheid ins Haus geflattert, wonach die Rückforderungen bereits bei der jüngsten Auszahlung im Dezember berücksichtigt worden sind. Das will der Lavanttaler aus Bad Sankt Leonhard allerdings so nicht akzeptieren. „Von der AMA wurde die Förderung bewilligt und ausbezahlt. Jetzt will sie dafür aber nicht verantwortlich sein.“ Dabei sei es ihm gar nicht möglich gewesen zu erkennen, dass er etwas falsch gemacht habe, so der betroffene Landwirt. Anders als bei den leidigen Almfutterflächen wurden die nun beanstandeten Angaben nämlich nicht von den Bauern selbst gemacht. Diese wählten nur Programme aus, die mittels Mehrfachantrag angeboten wurden.

Tatsächlich ist die Sache auf den ersten Blick nur schwer zu durchschauen: Zwar wurde die gekoppelte Mutterkuhprämie vor nunmehr fünf Jahren abgeschafft. Um die Verluste für die Höfe abzufedern, sei allerdings ein Kunstgriff vollzogen worden, und das „auf ausdrücklichen Wunsch der damals politisch Hauptverantwortlichen“, behaupten nun die Behördenvertreter. Die eigentlich abgeschaffte Prämie wurde als Direktzahlung in die Zahlungsansprüche der Betriebe einberechnet. Zugleich erhielten Bauern 62 Euro für jede auf eine Alm aufgetriebene Kuh.

Diese Rechnung hat Österreichs Agrarpolitik aber offenbar ohne den EU-Wirt gemacht. Denn wer 2016 oder 2017 beim Almauftrieb die Zahl seiner Tiere um mehr als zehn Prozent erhöht hat und wo mehr als drei Mutterkühe mit dem vollen Betrag von 200 Euro in die Berechnung einbezogen wurden, dessen Zahlungsansprüche müssen nun nach einem EU-Rüffel rückwirkend neu festgesetzt werden. Konkret gibt es dafür statt 200 Euro nur die Differenz von 138 Euro. Dazu kommt, dass die Agrarbürokratie für die Rückzahlungen alle Tiere als Berechnungsbasis heranzieht, nicht nur die zusätzlich gealpten. Daraus ergeben sich stattliche Summen, wenn jemand – wie Franz Tripolt – 50 Mutterkühe besitzt. Die LK Österreich riet nicht nur in seinem Fall zur Berufung. 

In Niederösterreich hat Agrarlandesrat Stephan Pernkopf knapp vor der Landtagswahl Ende Jänner versprochen, die betroffenen Bauern aus Landesmitteln schadlos zu halten. Diese gerade einmal 125 Viehhalter können also aufatmen. In Tirol und Kärnten tat man sich, obwohl ebenfalls vor Landtagswahlen stehend schwer, angesichts weit mehr Betroffener diesem Beispiel zu folgen. Aufgrund der hohen Summe an Rückforderungen würden sich beide Länder wohl finanziell „einen Bruch heben“, so ein Insider gegenüber BLICK INS LAND.

Indes haben laut AMA-Sprecher Harald Waitschacher rund 80 Prozent der betroffenen Betriebe Einspruch gegen die Bescheide erhoben. „Die vorliegenden Beschwerden werden nun einer Einzelfallprüfung unterzogen und können so bei positiver Bewertung zu einer nochmaligen Berechnung der Zahlungsansprüche führen“, so Waitschacher.

Aber kann man den Landwirten in dieser Problematik überhaupt Fehler anlasten? Vielmehr sei es auch laut AMA „nicht zu einer Neuberechnung gekommen, weil die Bauern Falschangaben betreffend der Almauftriebe gemacht haben.“ Immerhin sei im Rahmen einer Kontrolle durch die EU-Kommission im März 2016 „die Vorgehensweise, wie die Einbeziehung der Mutterkuhprämie in das neue Fördersystem ab 2015 erfolgte massiv kritisiert worden.“ Daher habe „Österreich aufgrund der Kritik der Kommission eine geänderte Berechnung zugesagt, um eine etwaige Doppelförderung auszuschließen“, so Waitschacher.

Für Landwirt Tripolt ist die ganze Angelegenheit jedenfalls „symptomatisch für die schwierige Situation der Mutterkuhhalter.“ Zum Frust der Abschaffung der Mutterprämie komme nun auch der Ärger über die Rückzahlungen. Tripolt: „In meinem Umfeld haben 80 Prozent der Bauern Mutterkühe. Wir halten die Flächen offen, werden aber wie Stiefkinder behandelt. Für Gottes Lohn werden aber viele nicht weitermachen.“ Anders als bei den Milchbauern würden die Probleme des Sektors kaum öffentlich besprochen.        

STEFAN NIMMERVOLL