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Brexit bedroht agrarische Binnenmärkte

Die gestern erfolgte Ablehnung des EU-Austrittsvertrages durch das britische Parlament stellt für die agrarischen Binnenmärkte und damit für die EU-Landwirtschaft ein äußerst bedrohliches Szenario dar, das es nun mit allen politisch zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern gilt. Das erklärte der Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, Franz Reisecker, in einer Reaktion auf die vorerst gescheiterte EU-Austrittsvereinbarung.“Die politischen Verantwortungsträger sowohl in Großbritannien als auch auf EU-Seite sind nun gefordert, aufeinander zuzugehen und im beiderseitigen Interesse politische sowie wirtschaftliche Vernunft walten zu lassen. Es kann keine politisch akzeptable Lösung sein, wenn beide Partner – nämlich zum einen die EU und zum anderen Großbritannien – aufgrund einer fehlenden politischen Übereinkunft wirtschaftlich massiv auf der Verliererseite stehen.“

Ein harter Brexit würde vor allem den Agrarhandel mit Fleisch- und Milchprodukten massiv treffen. Großbritannien hat bei Agrarprodukten und Lebensmitteln lediglich eine Selbstversorgung von etwa 60% und ist hier massiv auf Lieferungen aus dem EU-Binnenmarkt angewiesen. Zur Sicherung der Lebensmittelversorgung werden beispielsweise jährlich etwa 500.000 t Käse und 400.000 t Rindfleisch aus den anderen EU-Ländern eingeführt. Beim drohenden harten Brexit mit dem Austritt am 29. März 2019 würde Großbritannien sofort zu einem EU-Drittland und würden damit im Handel die WTO-Regelungen mit den höchstmöglichen Zollsätzen sowie zwingenden Veterinärkontrollen wirksam, wofür auf beiden Seiten auch die erforderlichen administrativen Kapazitäten fehlen. „Am verbleibenden EU-Binnenmarkt für Agrarprodukte und Lebensmittel droht damit kurzfristig ein massiver Mengen- und Preisdruck sowie ein erheblicher Schaden für die Gesamtwirtschaft, den es nun mit allen Mitteln zu verhindern gilt“, warnt Präsident Reisecker.

Nun gelte es, in Ruhe und Besonnenheit die möglichen politischen Optionen zur Vermeidung eines Marktchaos durch den ungeregelten Austritt zu prüfen. Dazu gehört auch eine mögliche Verschiebung des EU-Austrittstermins auf einen späteren Zeitpunkt, um so zumindest eine kurze politische Nachdenkpause zu schaffen. Damit sollte Zeit und Raum für die Erarbeitung einer angepassten Austrittsvereinbarung geschaffen werden, die sowohl von der EU als auch von Großbritannien mitgetragen werden kann. „Es ist ein Gebot der politischen sowie wirtschaftlichen Vernunft, alles daran zu setzen, einen ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens und damit eine zu erwartende chaotische Situation auf den EU-Agrarmärkten zu vermeiden. Die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft ist hier wie kaum eine andere Sparte des EU-Binnenmarktes dringend auf geordnete Verhältnisse bei der Loslösung Großbritanniens von der EU angewiesen“, appelliert der Kammerpräsident.