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Überlebenskampf bei deutschen Schlachtern

Der Verdrängungswettbewerb in der Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie hielt im abgelaufenen Jahr in der BRD unvermindert an und hinterlässt Spuren. Dies zeigt sich im Schlachthof-Ranking 2017, das jetzt von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) veröffentlicht wurde. Manche namhafte Verarbeiter scheinen in diesem Ranking nicht mehr auf, weil sie im vergangenen Jahr ihre Förderbänder abstellen mussten. Laut ISN könnte sich der Strukturwandel unter ungünstigen Voraussetzungen noch dramatisch beschleunigen.

Der Marktführer Tönnies konnte 2017 seinen 1. Platz im Ranking mit 16,6 Mio. geschlachteten Schweinen und einem Marktanteil von 28,7% ausbauen. Dies ist insbesondere auf die Erweiterung des Standortes in Schleswig-Holstein zurückzuführen. Deutlich stärker als in zusätzliche Schlachthaken investierte Tönnies in die Verarbeitungskapazitäten. Gerade im ersten Halbjahr 2017 hat eine regelrechte Insolvenzwelle, ausgelöst durch gestiegene Rohstoffpreise, die Wurstindustrie überrollt. Ein Nutznießer war Tönnies, der unter anderem die Lutz-Fleischwaren sowie die Unternehmen Astro und Marten übernehmen konnte.

Das Unternehmen Vion konnte mit 8,5 Mio. Stück die Schlachtzahlen aus dem Vorjahr nicht halten, landete aber mit einem Marktanteil von 14,7% auf Platz 2. Der Hauptgrund für den Rückgang dürfte die Schließung des Standortes im niedersächsischen Zeven gewesen sein. Stattdessen soll der Standort in Emstek, der über die Exportlizenz nach China verfügt, auf 80.000 Schweine/Woche ausgebaut werden. Hinsichtlich der Preis- und Bezahlmodelle könnte Vion in Deutschland bald neue Wege gehen. In den Niederlanden werden bereits über Verträge deutlich breitere Preismasken sowie längerfristige Abrechnungspreise angeboten, um das Anlieferverhalten der Landwirte zu glätten und die Gesamtwirtschaftlichkeit für beide Parteien zu erhöhen. Ob diese Programme auch in der BRD eingeführt werden, dürfte sich 2018 zeigen, so die ISN.

Die westfälische Genossenschaft Westfleisch belegt mit 8,3 Mio. Schlachtungen und einem Marktanteil von 14,3% Rang 3. Das Unternehmen sieht sich durch den Geschäftsverlauf 2017 auf einem positiven Weg. Gerade in der genossenschaftlichen Struktur und damit der Nähe zur Landwirtschaft sehen die Westfalen einen Vorteil, der gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel und dem Verbraucher kommuniziert werden kann. Für die Zukunft stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. Insbesondere die Kapazitäten in Oer-Erkenschwick sollen auf 100.000 Schweine/Woche erhöht werden.

Auf den Plätzen 4 bis 10 gibt es, gemessen an den Stückzahlen, durchwegs positive Entwicklungen. Allerdings schied mit der Insolvenz der Vogler-Unternehmensgruppe der fünftgrößte deutsche Schlachtbetrieb im vergangenen Jahr aus dem Markt, wodurch die übrigen Unternehmen, insbesondere jene in Norddeutschland, profitieren konnten. Danish Crown steigerte mit der Übernahme der Teterower Fleisch GmbH die Schweine- und Rinderverarbeitungen in Deutschland erheblich und landete mit 3,6 Mio. Schlachtungen sowie einem Marktanteil von 6,3% auf Rang 4.

„Die gesamte Schweinefleischbranche sieht sich aktuell massiven Herausforderungen gegenüber, die auch die Schlachtunternehmen im Speziellen treffen werden. Hinsichtlich des Ausstiegs aus der betäubungslosen Ferkelkastration Ende 2018 fehlt noch immer eine praktikable Lösung, welche die Wirtschaftlichkeit gegenüber den Nachbarländern nicht gefährdet und gleichzeitig eine breite Akzeptanz im Fleischmarkt hat“, stellen die ISN-Experten fest. Eine noch größere Bedrohung stelle für viele Unternehmen die Afrikanische Schweinepest dar, die nur wenige hundert Kilometer vor der deutschen Grenze in Polen und Tschechien grassiere. Sollte das Virus auch in Deutschland auftreten, könnten die Fleischunternehmen die Exportlizenz für viele Drittlandstaaten zumindest für einen gewissen Zeitraum verlieren, was mit erheblichen finanziellen Einbußen verbunden sei. Hier sei die Politik gefragt, in den Veterinärzertifikaten mit den Abnehmerländern die notwendigen Unterscheidungen zwischen dem Auftreten in Haus- und Wildschweinebeständen zu verhandeln.

„Nicht zuletzt zeigen die Insolvenzen des vergangenen Jahres, wie stark die enormen Preisschwankungen die Liquidität aller Betriebe der Wertschöpfungskette belasten“, so die ISN. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Herausforderungen in Deutschland und dem zunehmenden Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen EU-Staaten seien viele Marktbeteiligte offen für Diskussionen über eine neue Haltungskennzeichnung, so die Einschätzung von ISN-Marktexperte Matthias Quaing. „Zu vermeiden ist ein Label-Wirrwarr. Wenn es jedoch gelingt, die gesamte Kette, vom Ferkelerzeuger bis zur Fleischverarbeitung, in ein einheitliches System zur Haltungs- und Herkunftskennzeichnung zu integrieren, könnte das mittelfristig ein Bonus im Vertrauen der Lebensmittelhändler und Verbraucher in deutsches Schweinefleisch bedeuten“ appelliert Quaing an eine ganzheitliche, praktikable Umsetzung von möglichen staatlichen Programmen.