Bio tritt in Hessen auf der Stelle
Um die Zukunft des Bio-Sektors ging es in einer Veranstaltung der Grünen in der hessischen EU-Vertretung in Brüssel. Der Biolandbau habe große Schwierigkeiten, in den intensiv bewirtschafteten Ackerbauregionen Fuß zu fassen, gab der deutsche Europaabgeordnete Häusling von den Grünen zu bedenken. In seinem Bundesland Hessen habe Bio einen Anteil von 14% an der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Aber die meisten Betriebe lägen in den waldreichen und hügeligen Grünlandstandorten in Nordhessen. In der Wetterau und in anderen Ackerbauregionen habe der Biolandbau einen Anteil von lediglich 3% und trete auf der Stelle, erklärte Häusling.
Er bewirtschaftet seit 32 Jahren einen Milchviehbetrieb im nordhessischen Bad Zwesten und hält den Biolandbau für die „moderne“ Form der Landwirtschaft. Als Europapolitiker sähe er gerne einen flächendeckenden Biolandbau. Aber als Betriebsinhaber überlegt er sich, ob ein Nischendasein nicht bequemer ist. Der Liter Biomilch werde inzwischen bei Lidl für 0,95 Euro verkauft, berichtete Häusling. Deshalb komme er in Erklärungsnot gegenüber seiner lokalen Kundschaft, weshalb er 1,50 Euro für das gleiche Produkt verlange.
Wachstumsprobleme des Biolandbaus räumte auch van Marlen vom niederländischen Beratungsbüro Timeli ein. Seien einmal Abnahmeverträge mit Supermarktketten geschlossen, gerieten die Biobetriebe unter Druck, die großen Mengen auch zu liefern. Sie gerieten in Abhängigkeit. Auch die vielen Bio-Einsteiger ohne Erfahrung könnten eine Quelle für Fehler bei den strengen Produktionsauflagen sein. Noch sei das Vertrauen des Verbrauchers in den Biolandbau außerordentlich hoch, ist van Marlen überzeugt. Aber Fehler und Verstöße könnten nie ausgeschlossen werden, das Wichtigste sei, diese offen zuzugeben und nicht zu vertuschen.
Biolandbau ist der Weg für eine nachhaltige Entwicklung, betonte Pierre–Marie Aubert vom Institut für nachhaltige Entwicklung (IDDRI) in Paris. Eine zunehmende Weltbevölkerung könne mit einer flächendeckenden Biolandwirtschaft ernährt werden, wenn der Fleisch- und Milchkonsum etwa um die Hälfte zurückgehe. Schließlich sei die biologische Wirtschaftsweise notwendig, um das Artensterben in den Griff zu bekommen, ist Aubert überzeugt.
In Österreich bewirtschaften aktuell rund 22% der bäuerlichen Betriebe mehr als 25% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche nach Bio-Kriterien.