Grüne Woche: Agrarspitze präsentiert ihr Jahresprogramm
Zu Beginn der weltgrößten Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau, der Grünen Woche in Berlin, hat die heimische Spitze der Agrarpolitik mit Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Elisabeth Köstinger, Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes und Bauernbund-Präsident Georg Strasser traditionell ihre geplanten Schwerpunkte für das aktuelle Jahr präsentiert. Köstinger betonte, dass sie mit einem guten Programm für die Landwirtschaft, welches während den Regierungsverhandlungen ausgearbeitet wurde, gestartet sei. „Für die österreichischen Bauern ist eine geschlossene Agrarspitze entscheidend, um Ziele konsequent verfolgen und einen zukunftsfähigen Agrarsektor weiter ausbauen zu können. Es gibt große Erwartungshaltungen, was die Regierung und Entwicklung im Agrarbereich betrifft, und wir werden unser Bestmögliches geben, um Zukunft der bäuerlichen Betriebe positiv gestalten zu können“, versicherte Köstinger.
„Die Eingliederung einiger neuer Bereiche in das Nachhaltigkeitsressort wie Energie, Tourismus, aber auch der Förderpolitik (Regional- und Strukturfonds) sowie die Raumordnungskonferenz, das alles ist eine klare Aufwertung des ländlichen Raums mit einem starken Fokus auf die bäuerlichen Familienbetriebe – das hat es so noch nie gegeben“, verdeutlichte die Bundesministerin.
Für das Jahr 2018, in dem Österreich in der zweiten Hälfte die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, kündigte Köstinger drei Arbeitsschwerpunkte an: den österreichischen Agrarmarkt stärken, Exportoffensiven und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020. Zur Stärkung des heimischen Agrarmarkts soll der Faktor Qualität künftig eine noch größere Rolle spielen. Die Top-Qualität heimischer Agrarprodukte beziehungsweise eine ambitionierte Qualitätsstrategie mache sich bezahlt, so Köstinger. Dazu sollten etwa die Wirtschaft, der Tourismus und sämtliche Dienstleistungssektoren als Partner begriffen und der ländliche Raum weiterentwickelt werden. Zudem werde immer „lauter und stärker“ nachgefragt, wie etwas produziert wird, und das gelte es auszuweisen. „Das alles muss aber entlohnt werden“, so die Ministerin. Bestrebungen gebe es auch im öffentlichen Beschaffungswesen, vom Billigst- auf Bestbieterprinzip umzustellen, sowie die Gastronomie für die Verwendung heimischer Produkte zu motivieren.
Ein weiteres Ziel von Köstinger ist es, die Hofübernahme für Junglandwirte attraktiver zu machen. Die Weiterführung eines landwirtschaftlichen Betriebes solle keine Last für die junge Generation sein. Deshalb soll es im Zuge des Junglandwirtepakets im Bereich der Direktzahlungen, unabhängig vom Tag der Niederlassung, für die ersten fünf Jahre einen finanziellen Aufschlag geben.
Erleichterungen soll es auch für die Direktvermarkter geben. In Zusammenarbeit mit Justizminister Josef Moser werde eine Strategie für eine Deregulierung ausgearbeitet, kündigte Köstinger an. Zusätzlich sollen die AMA-Gütesiegel-Lizenzgebühren für kleine bäuerliche Betriebe verringert werden.
Hinsichtlich Exportoffensiven will Köstinger die bisherigen Bestrebungen auch in Zukunft fortsetzen. Als eine „absolute Priorität“ nannte sie den Biobereich. „Der Biosektor profitiert sehr stark vom Export und wir sind das Bio-Land Nummer eins“, unterstrich die Ressortchefin. Im Exportbereich stehe eine Kooperation mit China ins Haus, wozu eine Delegation mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen im April das Land besuchen wird. Köstinger wird auf der Grünen Woche auch mit dem russischen Vize-Landwirtschaftsminister zusammentreffen und versuchen, mit ihm in einen „Dialog einzutreten“, was das Lebensmittel-Embargo betrifft.
In der Diskussion um die GAP nach 2020 will Köstinger den EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 nutzen, um für die österreichische Agrarpolitik wesentliche Akzente zu setzen. „Der heimische Weg mit nachhaltigen Produktionsweisen wird im Vordergrund stehen“, so die Ministerin. Schließlich soll auch, wie im Regierungsprogramm vorgesehen, eine Task Force für Lebensmittelwirtschaft eingerichtet werden.
LK-Präsident Schultes unterstrich einmal mehr die Bedeutung der Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln für die Konsumenten und forderte eine verpflichtende Auslobung in der Gemeinschaftsverpflegung – dazu zählen etwa Werkskantinen, Mensen, Kasernen, Spitäler, Kindergären etc. Neu ist, dass Schultes von der Forderung nach einer Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln in der Gastronomie abrückte. „Wir brauchen die Gastronomie nicht zu bevormunden und wollen Wirte nicht mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belasten“, erklärte Schultes. Zudem forderte der LK-Präsident mehr Transparenz bei den Eigenmarken im Lebensmittelhandel. „Die Kunden im Supermarkt sollen auf der Verpackung Hersteller und Lebensmittelherkunft sehen können. Auch die im Export außerordentlich erfolgreichen Lebensmittelverarbeiter sollten ihre Produkte rasch nach dem Vorbild Frankreichs und weiterer fünf EU-Mitgliedstaaten nach der Herkunft der Lebensmittel kennzeichnen“, verlangte Schultes.
Vor dem Hintergrund zunehmender Wetterkapriolen forderte Schultes die Abschaffung der Steuer auf Prämien für Elementarversicherungen von 11%. Die Landwirte sollen damit einen Anreiz zur Risikovorsorge erhalten. „Die künftige GAP muss Lenkinstrumente zur Absicherung von Preisen und Einkommen sowie zur Stabilisierung von Märkten enthalten. Dafür sind ausreichend Budgetmittel zu dotieren“, so der LK-Präsident.
Bauernbund-Präsident Strasser warnte vor einem Handelsabkommen der EU mit dem südamerikanischen Mercosur-Staaten. „Für die heimischen Landwirte wäre Mercosur ein Schlag ins Gesicht“, verwies Strasser auf die deutlich niedrigeren Produktionsstandards in den Mercosur-Ländern, die in den Bereichen Tierwohl, Pflanzen- und Umweltschutz gravierende Mängel und großen Aufholbedarf hätten. „Besonders wenn man an den Einsatz von leistungssteigernden Mitteln wie Hormone oder Wachstumsförderer in der Tierhaltung denkt, diese sind in Österreich verboten“, so der Bauernbund-Präsident. Zuversichtlich ist Strasser dagegen bei dem bereits ausverhandelten EU-Freihandelsabkommen mit Japan. „Hier sehen wir viele Chancen, etwa bei Fleisch, Käse, Milch, aber auch bei Umwelttechnologien, die wir dorthin verkaufen können“, so der Bauernbund-Präsident. Das Freihandelsabkommen mit Japan wird voraussichtlich Ende des Jahres in Kraft treten.