Trockenheit ließ Getreideerträge dahinschmelzen
Die heimische Getreideernte wird heuer wegen Trockenheit deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt bleiben, berichtete Landwirtschaftskammerpräsident Hermann Schultes anlässlich der traditionellen Erntepressekonferenz, die heuer in Halbturn im Burgenland stattfand. Aktuell geht man davon aus, dass sie im Bundesschnitt um 22% geringer als im Vorjahr ausfallen wird, das entspricht einer Menge von rund 2,73 Mio. t. Bei Ölraps wird ein Minus von 19% erwartet.
Das große Problem war der fehlende Regen. Die Niederschlagssumme weise vielerorts entlang der Staatsgrenze vom Südburgenland über das Marchfeld bis ins Mühlviertel ein Minus von 50% gegenüber dem langjährigen Mittel aus. Ein Großteil dieses Defizits entstand in der wichtigsten Vegetationszeit der Pflanzen. In den Monaten Mai und Juni machte das Defizit teilweise sogar mehr als 70% aus. „Die trockenen Verhältnisse und die extrem hohen Temperaturen im Juni lassen keine hohen Ernteerwartungen zu. Die Ernte 2017 wird deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt bleiben, obwohl im Süden Österreichs und in Teilen Oberösterreich Erträge zufriedenstellend sind“, berichtete Schultes. Generell bestehen ertragsmäßig große Unterschiede zwischen den Bundesländern.
Kritisch wird die aktuelle Hitze- und Trockenphase auch in den Grünland- Futterbaugebieten im Norden wie auch Osten Österreichs gesehen. Nach einem normalen ersten Schnitt ist in vielen Gebieten schon der zweite Schnitt sehr knapp – oder überhaupt ausgefallen. Hält die aktuelle Trockenphase noch weiter an, so kann die Futterversorgung noch sehr prekär werden, zumal auch der Silomais als weitere wichtige Grundfutterquelle massiv betroffen wäre, warnen LK-Experten.
„Wetterextreme, wie Hitze und mangelnde Niederschläge, sind mittlerweile leider keine Ausnahmeerscheinungen mehr. Die Landwirtschaft ist wie kaum eine andere Berufsgruppe dem Klima und dem Wetter völlig ausgesetzt“, erklärte der Präsident der LK Burgenland, Franz Stefan Hautzinger. Bemerkenswert seien auch die zum Teil extrem hohen Proteinwerte (bis zu 20% und darüber), gleichzeitig verzeichne man geringe Hektolitergewichte. Die Vermarktung solcher Partien werde zu einer echten Herausforderung. Die ersten Druschergebnisse würden darauf schließen lassen, dass man sich bei der Getreideernte 2017 im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt auf einen Ertragsrückgang von bis zu 20% einstellen müsse. „Berücksichtigt man die hohen Produktionskosten sowie die Fixkosten, wie etwa die Sozialversicherungsbeiträge, so kann man davon ausgehen, dass für viele Betriebe der Erlös aus der Getreideernte 2017 maximal ein Nullsummenspiel sein wird“, so Hautzinger.
In Wien betrage das Niederschlagsdefizit heuer 30%, meinte der Landwirtschaftskammerpräsident der Bundeshauptstast, Franz Windisch. Die Wiener Getreidebauern werden voraussichtlich eine um zirka 30% geringere Ernte gegenüber dem Vorjahr und eine um etwa 50% kleinere Menge im Vergleich zu den europäischen Gunstlagen einfahren. „Die Reife ist so weit fortgeschritten, dass für eine Ertragsbildung ein Regen in den nächsten Tagen auch nicht mehr helfen wird. Die Hitzewelle der jüngsten Zeit führte zu Notreife und Schmachtkornbildung. Man kann sagen, dass uns auf der Zielgeraden das Wasser ausgegangen ist, daher ist das Ertragspotenzial wesentlich geringer als im Vorjahr. Wir hoffen aber, dass sich die geringere Ernte auf die Preisbildung positiv auswirken wird und damit ein Teil der Verluste aufgefangen wird. Die Einkommenssituation im Wiener Ackerbau bleibt aber prekär“, so Windisch.
„Wenn man das weltweite Getreideangebot der globalen Nachfrage gegenüberstellt, so kommt es aktuellen Schätzungen zufolge heuer erstmals nach vier Jahren mit teils kräftigen Überschüssen, wieder zu einer vergleichsweise knapperen Versorgung. Tatsächlich eng wird die Versorgung aber weiterhin nicht, da der so genannte Stocks-to-Use-Ratio-Indikator bei Getreide einen Wert von rund 23% ergibt. Werte über 20% gelten als Zeichen für überversorgte Märkte“, berichtete Ernst Gauhs, der Bereichsleiter für landwirtschaftliche Erzeugnisse in der Raiffeisen Ware Austria (RWA). Alle Anzeichen sprächen derzeit gegen ein weiteres Absinken der Getreidepreise. Kurzfristig gebe es sogar einige preisfestigende Faktoren, wie Trockenheit in Teilen der USA und Europa sowie Aktivitäten von Spekulations-Fonds, die in den letzten Tagen ihre offenen Verkaufspositionen zügig gedeckt haben, so Gauhs.