Glyphosat spaltet Europa weiter
In der Entscheidung um die geplante Wiederzulassung des Herbizidwirkstoffs Glyphosat müsse sich die EU-Kommission an die „Konvergenz der wissenschaftlichen Meinungen“ halten, betonte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis während einer Debatte im Europäischen Parlament gestern in Straßburg. Immerhin hätten weltweit 27 Agenturen bestätigt, dass Glyphosat nicht krebserregend sei, begründete er seine Argumentation. Aufgrund von umfassender Kritik aus der Bevölkerung solle die Zulassung jedoch auf zehn Jahre beschränkt werden.
Zahlreiche Abgeordnete des Europaparlaments fordern dagegen ein Verbot des Pflanzenschutzmittels. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) und die Europäische Chemikalienagentur (Echa) hätten unabhängige Studien nicht berücksichtigt, weshalb ihren Einschätzungen manipulierte Untersuchungen zugrunde liegen, kritisierten einige EU-Parlamentarier hinsichtlich der sogenannten „Monsanto-Papiere“. Hierbei untersuchen Gerichte in den USA, ob von Monsanto Studien beeinflusst wurden.
Nach Ansicht der Sozialdemokraten, Grünen und Linken im Europäischen Parlament sollte die EU-Kommission deshalb ihren Vorschlag auf eine weitere Zulassung für Glyphosat zurückziehen. Die EU-Kommission missachte sträflich das Vorsorgeprinzip, meint der Deutsche Martin Häusling von den Grünen. Der tschechische Sozialdemokrat Pavel Poc erklärte, die Weltgesundheitsorganisation sei die einzige, die unabhängige und öffentlich zugängliche Studien zugrunde lege und deshalb zu dem Ergebnis gekommen sei, das Glyphosat Krebs erregen könne.
Abgeordnete der Christdemokraten teilten diese Positionen nicht. Der Deutsche Peter Liese (CDU) wies auf eine Erklärung des EU-Parlaments von 2016 hin, nach der der Wirkstoff für weitere sieben Jahre zugelassen werden sollte, zumal es bisher keine Alternative für die Landwirte gebe. Die belgische Liberale Friederike Ries forderte mehr EU-Haushaltsmittel für die EFSA, damit diese eigene Studien in Auftrag geben könne.
Andriukaitis betonte, die „Monsanto-Papiere“ stellten die wissenschaftliche Einschätzung der Echa und der EFSA nicht infrage. Der Kommissar räumte aber ein, dass die EU langfristig klären müsse, welche Studien die Behörden heranziehen sollten und was daraus veröffentlicht werden dürfe, ohne die Investitionsanreize der Hersteller zu gefährden.