Vollspaltenboden: Doskozil für rascheres Ende
Die Burgenländische Landesregierung hat beim Verfassungsgerichtshof ein Normprüfungsverfahren zu den Vollspaltenböden bei Schweinen beantragt. Ziel ist völliges Verbot der Haltungsform in Österreich.
Die heimische Schweinewirtschaft hat sich selbst dazu verpflichtet, das Tierwohl in ihrer Produktion schrittweise anzuheben und ab 2032 auf Vollspaltenböden beim AMA-Gütesiegel zu verzichten. Dem Land Burgenland reicht dieser langfristige Pfad nicht aus. In Eisenstadt argumentiert man, dass die in der 1. Tierhaltungsverordnung festgelegten Mindestanforderungen nicht dem in der Verfassung verankerten Tierschutz genügen würden. Deshalb sollen am Rechtsweg Veränderungen erreicht werden. „Man macht es sich sehr einfach. Die geplanten Regelungen im Rahmen des Gütesiegels gehen nicht weit genug und sind mit der Einführung im Jahr 2032 ambitionslos“, meint Agrarlandesrätin Astrid Eisenkopf. Sie argumentiert, dass der Vollspaltenboden bereits in fünf europäischen Ländern verboten ist, darunter auch in den produktionsstarken Niederlanden und in Dänemark.
Bevor der Gerichtshof eine Entscheidung trifft, muss das fachlich zuständige Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, BMSGPK, eine Stellungnahme abgeben. Auf Nachfrage von BLICK INS LAND bittet man dort um Verständnis, dass man zum laufenden Verfahren keine Auskunft geben könne. „Dieses wird derzeit geprüft. Die Position von Minister Johannes Rauch ist aber klar: Der Vollspaltenboden ist nicht tiergerecht und entspricht nicht dem Bild des Feinkostladens Österreich“, heißt es in einem Mail aus dessen Büro. Es würden aktuell noch Verhandlungen laufen, die den Mindeststandard für die gesamte Branche und nicht nur die Betriebe des AMA-Gütesiegels umfassen.
Dass die Klage nun aus dem Burgenland kommt, entspricht der Position von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der dem Bundesland eine „Bio-Wende“ verordnet hat und die konventionelle Produktion zurückdrängen will. Dennoch entbehrt das Verfahren beim Verfassungsgerichtshof nicht einer gewissen Ironie. Immerhin werden nur 1,5 Prozent der Schweine Österreichs hier gehalten. Zahlen der Landwirtschaftskammer zufolge arbeiten rund 40 Betriebe mit 20.000 Mastplätzen mit Vollspaltenböden. Sollte man mit dem Ansinnen, diese rasch völlig zu verbieten, durchkommen, hätte man selber also relativ wenig zu verlieren. In den Hauptproduktionsgebiete in Ober- und Niederösterreich, sowie der Steiermark würde aber massiver Druck entstehen. Dass die dortigen Landeshauptleute und Agrarlandesräte von der ÖVP gestellt werden, das Burgenland aber rot geführt wird, mag die Entscheidung zu klagen zusätzlich beeinflusst haben. Astrid Eisenkopf glaubt jedenfalls, dass die Umstellung zu bewerkstelligen ist, ohne dass der Eigenversorgungsgrad darunter leidet: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Der Schweinefleischverbrauch ist ohnehin immer noch zu hoch. Und die Pandemie hat gezeigt, dass die Konsumenten bereit sind, mehr bio und regional zu kaufen. Sie müssen mit an Bord geholt werden.“ Dafür sei es auch nötig, endlich die verpflichtende Herkunftskennzeichnung umzusetzen.
Mehr Tierwohl zieht jedenfalls auch höhere Investitionskosten nach sich. Das Landwirtschaftsministerium hat dafür schon vor einiger Zeit 120 Mio. Euro pro Jahr zugesagt. Projekte, die nur dem gesetzlichen Mindeststandard erfüllen, wie zum Beispiel Schweineställe, die ausschließlich Vollspaltenböden verwenden, werden seit heuer gar nicht gefördert. Das soll im Laufe der Zeit letztlich in einem Ausgleiten der Haltungsform münden. Ein rascheres Verbot wird jedoch mehr Geld erfordern. „Das Burgenland verschließt sich nicht einer Beteiligung an den Investitionskosten, die für den Umbau der Ställe notwendig sind“, ruft Landesrätin Eisenkopf den Bund und die anderen Bundesländer dazu auf, zusätzliche Mittel für die Adaption aufzustellen. Im Ministerium von Johannes Rauch verweist man darauf, dass die Mittel für tierwohlgerechte Umbauten nicht aus dem eigenen Haus kommen, sondern in der Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums liegen. Es sei eine Aufgabe, die Förderpolitik, die staatliche Nachfrage und die Konsumenten auf den Weg mitzunehmen. „Zu lange wurde in der Agrarpolitik auf Preiskampf, Quantität und Export gesetzt, mit den bekannten katastrophalen Ergebnissen“, schreibt das Ministerium.
STEFAN NIMMERVOLL