Skepsis und vorsichtige Zustimmung zu Mercosur
Einige EU-Mitgliedstaaten sind skeptisch gegenüber dem Handelsvertrag zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Ländern und fordern Nachbesserungen. So auch Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz. „Mit Österreich wird es kein Billigfleisch aus Südamerika geben“, erklärte Kurz gegenüber oe24. Das Verhandlungsergebnis ist nach Ansicht des ÖVP-Vorsitzenden kein gutes Abkommen für Österreich, weil es die Standards für den Umweltschutz, den Tierschutz und für die Lebensmittelqualität untergrabe. Kurz fordert deshalb Nachbesserungen. Erst dann sei er bereit, das Freihandelsabkommen mit den Südamerikanern zu ratifizieren. Außerdem fordert Kurz Hilfen für die heimischen Landwirte, um ihnen bei zunehmender Konkurrenz durch Drittlandimporte den Rücken zu stärken.
Skeptisch ist auch der irische Ministerpräsident Leo Varadkar. Er will sich den Vertrag zunächst in allen Einzelheiten durchlesen und Vereinbarungen nicht zustimmen, die die irische Landwirtschaft ernsthaft gefährden. Der irische Bauernverband (IFA) fordert seine Regierung auf, alles zu unternehmen, um den Vertrag noch zu stoppen. IFA-Präsident Joe Healy warnt vor Überschüssen an Rindfleisch in der EU, besonders wenn das Vereinigte Königreich als Nettoimporteur den Binnenmarkt verlässt.
Der französische Präsident Emmanuel Macron signalisiert vorsichtige Zustimmung. Zwar meldete auch er einige Bedenken wegen der Umwelt und der drohenden Agrarimporte aus Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay an, aber im gesamtwirtschaftlichen Interesse Frankreichs hält Macron ein Abkommen mit den Südamerikanern für sinnvoll. Französische Umwelt- und Agrarverbände sind gar nicht einverstanden und werfen ihrem Präsidenten deshalb „Heuchelei“ vor. „Wir werden eine Landwirtschaft importieren, die die Franzosen nicht wollen“, warnt Christiane Lambert vom französischen Bauernverband FNSEA. 74% der in Brasilien zugelassenen Pestizide seien in der EU verboten, weist Lambert auf unterschiedliche Standards hin.
Die meisten anderen EU-Mitgliedstaaten haben sich noch nicht positioniert oder sehen die Vereinbarung positiv. „Das Abkommen bietet die Möglichkeit, europäische Umwelt- und Sozialstandards in die südamerikanischen Volkswirtschaften zu exportieren“, lobte die niederländische Handelsministerin Sigrid Kaag. Zuversichtlich ist auch die Europäische Kommission, dass am Schluss alle EU-Mitgliedstaaten zustimmen werden, da schließlich alle EU-Länder der Kommission ein Mandat für die Verhandlungen erteilt haben, die Marktöffnung für Agrarprodukte miteingeschlossen. Die EU-Kommission beteuert, dass sie über das Mandat hinaus keine Zugeständnisse an die Südamerikaner gemacht hat.