Seitliche Hagelnetze bieten Zusatznutzen
Hagelschutznetze Die Verwendung seitlich angebrachter Schutznetze ist in von Hagel gefährdeten Weinbaugebieten mittlerweile verstärkt zu sehen. Mehrere ausgereifte Systeme werden angeboten. In der Steiermark läuft zudem ein Versuch.
Von Wolfgang Renner
Zur Streuung des Risikos eines starken Hagelschadens werden häufig Teilflächen oder die erfahrungsgemäß besonders gefährdeten Lagen mit solchen Netzen versehen. Neben dem effektiven Schutz vor Hagelschäden können damit auch die Heftarbeiten wie auch die Schäden durch Wild-, Vogel- und Insektenfraß reduziert werden. Die von verschiedenen Herstellern angebotenen, ausgereiften Systeme funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip: Die Netze werden in unterschiedlich breiten Bahnen seitlich an der Laubwand direkt an die vorhandene Unterstützungsvorrichtung montiert. Das Auf- bzw. Abrollen der Netze erfolgt über verwindungssteife Kunststoffrohre, Drehstangen aus Eisen oder einfaches Aufhängen.
Die Steiermark ist ein niederschlagsreiches Anbaugebiet, Botrytis und Traubenfäulnis sind im Herbst alljährlich ein Thema. So muss in der Laubwandgestaltung immer wieder ein Kompromiss zwischen typischer Stilistik und größtmöglicher Traubengesundheit gefunden werden. In der Steiermark gehört Sauvignon blanc zu den drei wichtigsten Rebsorten und wird überwiegend in klassischer Ausbauweise – als eine Kombination aus fruchtigen, blumigen und „grünen“ Aromen – vinifiziert. Eine zu starke Besonnung der Trauben wird deshalb vermieden.
Langzeit-Versuch In einem seit 2011 laufenden Versuchsprojekt sorgt das Aufbringen zusätzlicher Bahnen eines Vogelschutznetzes auf die seitlichen Hagelnetze – direkt über der Traubenzone – für eine stärkere Beschattung. Gleichzeitig erfolgt zur Förderung der Traubengesundheit eine komplette frühe (BBCH 71) Entblätterung rund um die Trauben. Verwendet wurde ein schwarzes, zweifädiges Hagelschutznetz aus Polyethylen der Firma Frustar mit einer Maschenweite von 3 x 7 mm und einer Fadenstärke von 0,29 mm. Die Bahnbreite betrug 120 cm. Das zusätzlich in doppelter Lage angebrachte Traubenschutznetz der Marke WitaNet wurde in blaugrüner, engmaschiger Ausführung und in einer Breite von 37,5 cm verwendet.
Ergebnisse Die Lufttemperatur in der Traubenzone der Laubwand war über die gesamte Vegetationszeit bei der Kontroll-Variante geringfügig tiefer als bei den Netz-Varianten. Die Unterschiede waren vor allem im Spätsommer und Herbst in den frühen Nachmittagsstunden größer, gelegentlich sogar über 1°C. Die Beleuchtungsstärke war in der Traubenzone bei Varianten mit seitlichem Hagelnetz, abhängig von der Tageszeit, um bis zu vier Mal intensiver als bei der unbehandelten Kontrolle.
Die grüne Beerenfarbe bei der Ernte war immer in der Kontrollvariante am stärksten, gefolgt von der mit den Netzen beschatteten Variante „Netz 3-fach“. Am wenigsten grün waren die Beeren der Varianten „Halbschatten“ und „Netz 1-fach“. Der Gehalt des für die „grüne“ Aromatik (grüne Paprika, Brennnessel) verantwortlichen Isobutylmethoxypyrazins, IBMP, lag in den Beeren zur Lese in allen Varianten mit Traubenfreistellungen im Vergleich zur „unbehandelten Kontrolle“ um bis zu 70 Prozent tiefer. Trotz stärkerer Beschattung hatte die Variante „Netz 3-fach“ die niedrigste IBMP-Konzentration. Hingegen lagen die Terpengehalte der gewonnenen Moste bei den Varianten mit Entblätterung höher. Ebenso zeigten diese Varianten eine höhere Konzentration an Gesamtphenolen und Flavonoiden. Kalium, Gesamt-Stickstoff und Äpfelsäure waren in den Mosten der Varianten mit Entblätterung („Halbschatten“, „Netz 1-fach“, Netz 3-fach“) aber stets geringer konzentriert.
Mit zunehmender Entblätterungsintensität ging die Häufigkeit von Traubenfäulnis zurück, bei der Variante „Netz 3-fach“ ging die Befallshäufigkeit um etwa 50 Prozent zurück, im Vergleich zur „unbehandelten Kontrolle“ ohne Entblätterung. Die geringste Traubenfäulnis-Häufigkeit hatte stets die Variante „Netz 1-fach“. Bezüglich Stockertrag und Traubengewicht wurden keine signifikanten Auswirkungen festgestellt.
Die kommissionelle Verkostung der Versuchsweine erbrachte im Gesamteindruck meist für die Variante „unbehandelte Kontrolle“ die höchsten Bewertungen. In der sensorischen Profilanalyse wurde dieser Variante eine höhere Duftintensität und eine stärkere Ausprägung der für die Steiermark typischen „grünen“ Aromen zugeschrieben. Mit wassersensitiven Papierstreifen wurde die Überprüfung der Effizienz der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln überprüft. Bei allen Varianten wurde auch in der Traubenzone eine ausreichende Benetzungsintensität festgestellt.
Ing. Wolfgang Renner ist Mitarbeiter der Versuchsstation für Obst- und Weinbau, Haidegg.