Schmiedtbauer: „Kleine mit Schreibtischarbeit überfordert“
Die Europa-Wahl wird laut Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger eine Richtungsentscheidung über das Agrarmodell der Zukunft bringen: „Wir wollen keine Agrarkonzerne mit Tausenden Hektar Anbaufläche, sondern wir wollen bäuerliche Familienbetriebe stärken. Die Landwirtschaft verändere sich und mit ihr würden sich die Herausforderungen verändern. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU muss diesem Trend Rechnung tragen. Tomaten aus China oder das Hühnerfleisch aus der Ukraine seien das, was die Konsumenten nicht wollen. „Sie wollen heimische Produkte in Topqualität und das liefern unsere österreichischen Bäuerinnen und Bauern tagtäglich. Unser Modell sieht eine nachhaltige, multifunktionale und flächendeckende Landwirtschaft, insbesondere auch im benachteiligten Gebiet und im Berggebiet, vor. Qualität statt Quantität muss auch in Europa die Devise sein. Massive Kürzungen der EU-Ausgleichszahlungen für unsere Bauern sind hier der falsche Weg“, zeigte sich Köstinger kämpferisch. Die Ländliche Entwicklung müsse weiterhin eine wichtige GAP-Säule bleiben. Der Klimaschutz werde künftig verstärkt in der Agrarpolitik Berücksichtigung finden. Hierbei sei festzuhalten, dass „die Landwirtschaft Teil der Lösung und nicht Teil des Problems ist“.
Bezüglich der GAP-Reform müsse sich Europa entscheiden, ergänzte auch die Bauernbund-Spitzenkandidatin bei der EU-Wahl, Simone Schmiedtbauer: „Agrarindustrie oder Familienbetrieb. Machen wir mit den Budgetkürzungen für die Landwirtschaft so weiter, befeuern wir nicht nur das Höfesterben in Österreich, wir leisten damit auch einem System Vorschub, das die Klimaerwärmung vorantreibt.“ Europa müsse beim Umwelt- und Klimaschutz globaler Vorreiter sein, und die Landwirtschaft könne dabei einen wichtigen Beitrag leisten. „Innovative Betriebe sind Garanten für unsere tägliche Versorgung mit hochwertigen und leistbaren Lebensmitteln. Die Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik der EU muss dies garantieren und die Leistungen unserer heimischen Bäuerinnen und Bauern honorieren“, zeigte sich Schmiedtbauer von der österreichischen Qualitätsstrategie überzeugt. Sie setzt sich als Ziel, regionale und familiäre Strukturen stärker zu unterstützen. Das Prinzip der Subsidiarität müsse in der EU mehr gelebt werden, erklärte sie.
„Bei manchen EU-Vorschriften, etwa im Bereich der Lebensmittelhygiene, gewinnt man den Eindruck, dass die EU nur große Lebensmittelproduzenten im Auge hat. Die kleinen Unternehmen sind mit der ausufernden Schreibtischarbeit einfach überfordert“, so Schmiedtbauer, die selbst auch Erfahrung als Direktvermarkterin bäuerlicher Produkte hat. Auch steige der Druck von kapitalstarken Investoren aus dem In- und Ausland, die landwirtschaftliche Flächen und Betriebe aufkaufen, gab sie zu bedenken. Damit meinte sie auch den ukrainischen Geflügelbetrieb Mironivsky Hliboproduct (MHP), der Geflügelfleisch zu Dumpingpreisen und aus fragwürdigen Haltungsbedingungen auf den europäischen Markt einschleust. „Ein Kilo Geflügel kostet dadurch oft weniger als ein Kilo Brot“, gab die Spitzenkandidatin zu bedenken und forderte die EU-Kommission auf, derartige Machenschaften zu beenden. „Bei solchen Voraussetzungen und zeitgleich angestrebten Kürzungen im EU-Agrarbudget können unsere Betriebe nicht mithalten. Mehr Leistung bei weniger Geld geht sich in keinem Betrieb aus“, verdeutlichte Schmiedtbauer. Sie verwies auch erneut auf die Bedeutung einer klaren Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln.