Foto: LK OÖ

Heißer agrarpolitischer Herbst steht ins Haus

Die Landwirtschaftskammer  Oberösterreich stellte ihre Schwerpunkte in der agrarpolitischen Herbstarbeit vor. Nach dem Ende der Regierungskoalition seien nicht nur wichtige, ursprünglich bereits ausverhandelte bäuerliche Vorhaben infrage gestellt worden, sondern durch das aktuell freie Spiel der Kräfte im Parlament drohten insbesondere bäuerliche Interessen unter die Räder zu kommen. „Im Mittelpunkt der agrarpolitischen Herbstarbeit stehen daher dringend notwendige Entlastungen für die Bauernschaft, die Sicherung der Agrarfinanzierung auf EU- und nationaler Ebene sowie insbesondere die Abwehr wettbewerbsverzerrender und rein politisch motivierter Produktionsauflagen für die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe“, betonte LK Oberösterreich-Präsidentin Michaela Langer-Weninger.

Die LK OÖ fordert, dass die ursprünglich vorgesehenen weiteren Schritte der Steuerreform in ein künftiges Regierungsprogramm aufgenommen und möglichst zügig umgesetzt werden. Das ursprüngliche Steuerreformpaket sah für die Land- und Forstwirtschaft eine gesamte Entlastung von 120 Mio. Euro vor. Ziel der Landwirtschaftskammer ist es, diese Entlastungsmaßnahmen nach dem Scheitern der alten Bundesregierung neu auf den Weg zu bringen. Ein im Parlament liegender Initiativantrag sieht trotz der erfolgten Aufkündigung der bisherigen Regierungsvereinbarung die Umsetzung der ersten Etappe des Steuerreformvorhabens „Entlastung Österreichs“ vor. „Als Bauernvertretung drängen wir darauf, dass die Entlastung noch vor der Nationalratswahl Ende September beschlossen wird“, so Langer-Weninger.

Aufgrund einer hohen Mindestbeitragsgrundlage bei der pauschalen Beitragsberechnung und einer noch höheren Mindestbeitragsgrundlage sowie einem 3%-igen Aufschlag bei der SV-Beitragsgrundlagenoption sind bisher Kleinbetriebe mit einer untragbaren Kostenbelastung konfrontiert. Die Landwirtschaftskammer fordert daher schon länger eine Angleichung der Mindestbeitragsgrundlagen in der Krankenversicherung mit den Regelungen der gewerblichen Sozialversicherung.

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb übergeben, verkauft, verpachtet oder auf andere Weise zur Bewirtschaftung überlassen, dann werden für die Berechnung der Ausgleichszulage nicht die tatsächlich erzielten Einkünfte (Ausgedinge, Pachtzins usw.), sondern ein Pauschalbetrag – das sogenannte fiktive Ausgedinge – angerechnet. Die LK fordert, durch eine weitere Absenkung dieses fiktiven Ausgedinges, künftig die bäuerlichen Mindestpensionen um monatlich bis 28 Euro beim Einzelrichtsatz und um bis zu 42 Euro beim Ehegattenrichtsatz anzuheben. Damit könnte ein wesentlicher Schritt zur besseren sozialen Absicherung von Bauern-Pensionisten gesetzt werden, so Langer-Weninger.

Insbesondere die bisherige Einheitswertgrenze sei in vielen Bereichen nicht mehr sachgerecht. Auch in keinem anderen Zweig der Wirtschaft gebe es eine derartige Begrenzung. Die Landwirtschaftskammer fordert daher eine gänzliche Streichung der bisherigen Einheitswertgrenze. Zudem soll die umsatzabhängige Buchführungsgrenze auch für land- und forstwirtschaftliche Betriebe auf 700.000 Euro angehoben werden. Damit könnte ein wesentlicher Schritt zur Stärkung der klein- und mittelbäuerlich strukturierten heimischen Landwirtschaft im EU-weiten Wettbewerb gesetzt werden.

Die vom Parlament mehrheitlich beschlossene Novelle des Pflanzenschutzgesetzes, mit der das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat verboten wird, stelle für die heimischen Betriebe eine einseitige wirtschaftliche Wettbewerbsverzerrung dar und sei nicht zuletzt sowohl für den Bodenschutz als auch umweltpolitisch kontraproduktiv. Im Gegensatz zu anderen Pflanzenschutzmitteln komme Glyphosat aufgrund der bestehenden Anwendungsbestimmungen nie mit dem Erntegut in Berührung, sodass bei Lebensmitteln aus Österreich schon bisher keine entsprechenden Rückstände zu finden waren. „Der Einsatz dieses Wirkstoffs war bisher eine wesentliche Unterstützung für den Erosionsschutz von abfrostenden Winterzwischenfrüchten. Die Gesamtbilanz des Glyphosatverbotes ist daher umweltpolitisch äußerst kontraproduktiv. Zudem gehen wir weiter davon aus, dass dieses Verbot EU-rechtswidrig ist“, zeigte die LK OÖ-Präsidentin auf.

Auch die vorliegende politische Einigung für ein EU-Mercosur-Abkommen würde massiv zulasten der heimischen Rinder-, Geflügel- und Rübenbauern gehen und wird daher auf Basis der bisher vorliegenden Inhalte vehement abgelehnt.

„Die Bauernschaft drängt auf eine zumindest stabile EU-Agrarfinanzierung. Die von der EU vorgeschlagenen Kürzungen werden mit allem Nachdruck abgelehnt. Hier ist daher die EU-Verhandlungsführung der derzeitigen und auch einer künftigen Bundesregierung massiv gefordert. Sollte es auf EU-Ebene dennoch zu einer für die österreichischen Bauern wirksamen Mittelkürzung kommen, so ist zwingend ein Ausgleich auf nationaler Ebene erforderlich. Eine stabile Agrarfinanzierung muss daher einer der Kernpunkte einer künftigen Regierungsvereinbarung sein“, betonte Langer-Weninger.

Aktuell arbeiten die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Strategiepläne für die GAP nach 2020 aus. „Auch hier fordert die Landwirtschaftskammer, dass wesentliche Eckpunkte wie die Sicherstellung der nationalen Kofinanzierung, die Absicherung des Agrarumweltprogramms ÖPUL sowie der Bergbauern-, Bio-, Investitions- und Junglandwirteförderung in ein künftiges Regierungsprogramm aufgenommen werden“, betonte OÖ-Kammerdirektor Karl Dietachmair.

„Es ist für die Bauernschaft nicht akzeptabel, dass einerseits die Auflagen für die Betriebe wesentlich erhöht und andererseits die für die Bauern vorgesehenen Finanzmittel massiv gekürzt werden sollen. Die Landwirtschaftskammer drängt vielmehr auf die vollständige Fortsetzung und den weiteren Ausbau von freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen. Diese erfahren sowohl in der Bauernschaft als auch bei Umweltorganisationen und in der Gesellschaft eine hohe Wertschätzung. Es ist unverständlich, dass gerade hier Einschnitte und Kürzungen vorgenommen werden sollen“, erklärte Dietachmair.

„Ein massiver Kritikpunkt in der Bauernschaft sind die bestehenden Regelungen zur Dauergrünlandwerdung. Ackerflächen mit zum Beispiel Wechselwiesen beziehungsweise Feldgras- oder Kleegrasbeständen müssen spätestens nach fünf Jahren umgebrochen werden, damit sie nicht zu Dauergrünland werden. Diese Maßnahme ist mittlerweile auch in der Abwicklung äußerst kompliziert und führt vor allem zu einer zusätzlichen Mineralisierung organischer Substanz mit der entsprechenden CO2-Freisetzung“, verdeutlichte Dietachmair.

Schließlich bekennt sich die LK OÖ zu betriebsbezogenen Obergrenzen bei den Direktzahlungen durch Degression und Capping, fordert aber eine EU-weit einheitliche Umsetzung dieser Obergrenzen und eine EU-weite Umverteilung der dadurch einbehaltenen Finanzmittel.

Die neue GAP sollte ursprünglich mit Beginn des Jahres 2021 in Kraft treten. „Aufgrund des bisherigen Verhandlungsfortschrittes und der aktuellen Unwägbarkeiten durch den Brexit sowie der personellen Neubesetzungen in den EU-Institutionen ist davon auszugehen, dass die Verhandlungen erst im kommenden Jahr in die entscheidende Phase und damit zu einem Abschluss kommen“, so Dietachmair.