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EU-Agrarpolitik: Eigenverantwortung der Länder steigt

Mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) kommt nach dem Jahr 2020 auf die EU-Mitgliedsländer ein Paradigmenwandel zu: „Die Europäische Union will sich in der nächsten Periode auf die Festlegung von gemeinsamen Zielen und auf die allgemeine Definition der Maßnahmen zurückziehen. Die konkrete Ausgestaltung soll von den Mitgliedsländern erfolgen.“ So beschrieb der Direktor in der Generaldirektion Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung der EU-Kommission, Georg Häusler, der Jahreskonferenz des Netzwerks Zukunftsraum Land im Stift Göttweig die Vorstellungen der Brüsseler Behörde für die Ausgestaltung der Agrarpolitik in der nächsten Periode.

„Wesentliche Elemente der GAP bleiben unverändert“, betonte der gebürtige Tiroler. Unbestritten seien das Zwei-Säulen-Modell, die Direktzahlungen, Marktmaßnahmen, die Förderprinzipien für die ländliche Entwicklung sowie Verwaltungsbehörden und Zahlstellen in den Mitgliedstaaten, so Häusler.

Die Direktzahlungen sollen auch in Zukunft das zentrale Element der 1. Säule bilden. Neben einer Einkommensgrundstützung ähnlich der jetzigen Basisprämie sollen auch gekoppelte Direktzahlungen möglich sein, die dafür erforderlichen Mittel werden aber auf 10% begrenzt, zuzüglich 2% für Eiweißpflanzen. Für die Förderung von Junglandwirten sollen mindestens 2% des Budgets für Direktzahlungen aufgewendet werden müssen.

Die geforderte gerechtere Verteilung soll durch eine Kombination von Degression und Kappung erreicht werden. Danach würden Direktzahlungen zwischen 60.000 und 100.000 Euro in vier Schritten jeweils um 25% gekürzt und insgesamt auf maximal 100.000 Euro begrenzt, so Häusler bei der Netzwerk-Tagung. Allerdings schlage die Kommission vor, sowohl die gezahlten Löhne als auch den Wert unbezahlter Arbeitskräfte, etwa durch Familienangehörige, zu berücksichtigen. „Dadurch wird mancher Betrieb unter dem Strich mehr als 100.000 Euro erhalten können“, so der Experte.

Die gegenwärtige dreistufige Umweltarchitektur (Cross-Compliance, Greening sowie Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen) soll auf zwei Stufen zurückgeführt werden. Die Philosophie des Greenings soll zusammen mit dem Cross-Compliance-System in die sogenannte „Erweiterte Konditionalität“ übergeführt werden. Dabei soll etwa die Anbaudiversifizierung durch eine höherwertige Fruchtfolgeregel ersetzt werden. Eine neuartige „Ökoregelung“ soll es den Mitgliedstaaten ermöglichen, spezifische Umweltanliegen im Rahmen der 1. Säule, also mit 100% EU-Finanzierung, anbieten zu können.

Die 2. Säule soll laut Häusler nicht umgebaut, aber vereinfacht und gestrafft werden. 30% der verfügbaren Gelder seien für umwelt- und klimarelevante Maßnahmen reserviert, 5% für LEADER, erläuterte der Kommissionsexperte. Die Höchstgrenze der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte soll auf 100.000 Euro angehoben werden, verpflichtend sollen Maßnahmen zum Risikomanagement sein. Einen Schwerpunkt werden weiterhin Innovationsförderung und Wissenstransfer bilden, die Mittel für die Agrarforschung sollen verdoppelt werden.

Ein Paradigmenwechsel steht allerdings bei den Abwicklungsprozessen ins Haus. Bisher wurden die agrarpolitischen Maßnahmen in der GAP-Verordnung bis ins letzte Detail auf EU-Ebene geregelt, was die Verordnung lang und kompliziert gemacht habe, so Häusler. Um Sanktionen und Finanzkorrekturen zu vermeiden, hätten sich in der Folge alle darauf konzentriert, die GAP-Regeln präzise anzuwenden, die Erreichung der Ziele sei in den Hintergrund gerückt.

Die nunmehr angedachte Regelung bringe deutlich mehr Verantwortung für die Mitgliedstaaten, die im Rahmen eines nationalen Strategieplans Bedarfsanalyse und Umsetzung auf ihre konkreten regionalen und lokalen Erfordernisse abstimmen könnten. Die Kommission werde sich weniger um die Kontrolle der Detailvorschriften kümmern, sondern um die Erreichung der proklamierten Ziele. Die Aufsichtsrolle solle „zukünftig in erster Linie präventiv und weniger repressiv wahrgenommen werden“. Bei allen Risiken sieht die Kommission in der Reform die Chance einer „sachnäheren, gezielter ausgestalteten und einfacheren Agrarpolitik“.