Deutsche Debatte über Tierwohlfinanzierung
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat eine Machbarkeitsstudie präsentiert, wie der Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland gelingen kann. „Wir müssen das System der Tierhaltung umbauen, damit Landwirte die Erwartungen, die an sie gestellt werden, erfüllen und auch davon leben können. Wirtschaftlichkeit muss mit mehr Tierwohl zusammengehen, denn sonst exportieren wir diese Fragen ins Ausland und importieren mit den Produkten wiederum die alten Probleme“, betonte die Ministerin. Um den Umbau der Nutztierhaltung voranzutreiben, hatte Klöckner die sogenannte „Borchert-Kommission“ eingesetzt. Die Kommission legte ein Konzept zur Weiterentwicklung der Tierhaltung mit verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung vor. Zur Bewertung der rechtlichen Konformität dieser Optionen hat das Landwirtschaftsministerium eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Studie liegen nun vor. Die Autoren bekräftigen, dass den Landwirten die Kosten für den tierwohlgerechten Umbau der Ställe und die höheren laufenden Kosten ausgeglichen werden müssen. Die zu erwartenden Gesamtkosten werden mit 2,9 Mrd. Euro im Jahr 2025, 4,3 Mrd. Euro 2030 sowie 4,0 Mrd. Euro im Jahr 2040 beziffert.
Die Studie nennt drei Varianten der Finanzierung. Erstens wäre eine Anhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für tierische Produkte von derzeit 7 auf 19% möglich. Die Finanzierung der Fördermittel könnte, zweitens, durch eine mengenbezogene Abgabe auf tierische Produkte in Gestalt einer Verbrauchsteuer erfolgen. Eine solche Steuer habe zwar den Vorteil, dass sie an Mengen geknüpft sei und nicht an das Produkt, wurde betont. Allerdings sei der Verwaltungs- und Bürokratieaufwand hoch. Als dritte Variante nennen die Experten eine Ergänzungsabgabe des Bundes auf die Einkommensteuer, diese wäre laut den Studienautoren rechtlich und verwaltungsmäßig am einfachsten und mit dem Unions- und Verfassungsrecht vereinbar.
Der Deutsche Bauernverband sieht in der Studie eine Bestätigung für die Konzepte der Borchert-Kommission. „Entscheidend ist zuerst, einen Umbau überhaupt baurechtlich möglich zu machen, dazu brauchen wir ein tragfähiges langfristiges Finanzierungskonzept. Viele Landwirte stehen in den Startlöchern, brauchen aber dringend Planungssicherheit, wie dieser gesellschaftliche Konsens über die Art der Tierhaltung in Deutschland umgesetzt werden kann“, so Generalsekretär Bernhard Krüsken. Die Studie komme teilweise zu anderen Vorschlägen der Finanzierung. Entscheidend sind hier zwei Faktoren: „Zum einen muss eine langfristige Verlässlichkeit der vorgeschlagenen Tierwohlprämien sichergestellt sein. Fünf oder sieben Jahre sind hier keine brauchbare Grundlage. Zum anderen ist für die vereinnahmten Mittel eine langfristige Zweckbindung erforderlich – das Geld muss dauerhaft dort ankommen, wo mehr Tierwohl entsteht, nämlich beim Landwirt“, betont der Generalsekretär.
Nach Einschätzung des DBV muss der im Gutachten erwähnte Verlust von Fördermöglichkeiten bei Anhebung gesetzlicher Standards vermieden werden. „In jedem Fall muss die Differenz zwischen niedrigeren EU-Vorgaben und den zukünftig hohen inländischen Standards durch Förderprogramme ausgeglichen werden können. Ansonsten droht eine Verlagerung der Tierhaltung ins Ausland“, warnt Krüsken.