Foto: Max Rossberg EWS

Der Wolf, die Herden und der WWF


Dank des strengen europaweiten Schutzes kehren die in Österreich einst ausgerotteten Wölfe wieder in den Alpenraum zurück. Das bereichert die Natur und Artenvielfalt, ist aber auch eine Herausforderung in der Nutztierhaltung. Anlässlich des Beginns der Almsaison präsentiert die Naturschutzorganisation WWF Österreich daher einen Fünf-Punkte-Plan, um das Zusammenleben mit den derzeit 30 bis 35 heimischen Wölfen möglichst konfliktfrei zu gestalten. „Österreich hat bereits viel Zeit verloren. Daher muss die Politik eine Herdenschutz-Offensive finanzieren und das traditionelle Hirtenwesen stärken. Das hilft insbesondere Almbäuerinnen und -bauern, die ohnehin unter schwierigen Bedingungen wirtschaften“, sagt WWF-Wolfsexperte Christian Pichler. Hingegen tragen populistische Rufe nach Abschüssen nicht zur Problemlösung bei. „Wer das fordert, erzeugt ein Klima der Angst und macht Stimmung gegen eine streng geschützte Art. Aufgrund des europarechtlich abgesicherten Schutzstatus der Wölfe braucht es machbare und wirksame Lösungen. Schießwütige Parolen sind keine Unterstützung für die Betroffenen“, so Pichler.

Herdenschutz ist alternativlos, denn die von manchen geforderten „wolfsfreien Zonen“ sind weder rechtlich noch praktisch möglich. Auf der Suche nach neuen Territorien wandern Wölfe viele Kilometer. „Es werden daher immer wieder Wölfe aus umliegenden Ländern durch Österreich streifen. Schreckt man sie rechtzeitig durch Elektrozäune oder gut ausgebildete Herdenschutzhunde ab, meiden sie Weidetiere und konzentrieren sich auf ihre Rolle als Gesundheitspolizei des Waldes“, erklärt Pichler. Der Wolf hält den Wildbestand und damit den Wald gesund, indem er vor allem kranke und schwache Tiere selektiert. Zusätzlich profitieren andere Schlüsselarten von Nahrungsresten, die ihnen „Meister Isegrim“ hinterlässt.

Herdenschutz muss an die jeweilige Lage angepasst werden, was gerade im alpinen Gelände eine gute Vorbereitung und professionelle Unterstützung erfordert. Damit aber den Rückgang der Almwirtschaft zu begründen, ist völlig übertrieben. Denn deren Probleme liegen vor allem an schlechten finanziellen Rahmenbedingungen und falschen Agrarförderungen. „Schluss mit Alibi-Aktionen. Die Politik muss unsere Almwirtschaft auf allen Ebenen stärker fördern anstatt die wenigen Wölfe ins Visier zu nehmen“, sagt WWF-Experte Pichler. „Jedes gerissene Tier ist ein schmerzhafter Verlust. Dass jährlich bis zu 10.000 Schafe aufgrund von Krankheiten, Unwetter oder Steinschlag verenden, stellt aber eine weit größere Belastung dar als die 103 Risse durch Wölfe im Vorjahr“, sagt Pichler. Zum Vergleich: Insgesamt werden in Österreich rund 402.000 Schafe gehalten, davon etwa 115.000 auf Almen.

Um die natürliche Rückkehr der Wölfe möglichst konfliktfrei zu gestalten, schlägt der WWF Österreich der Bundesregierung und den Bundesländern ein fünf Bereiche umfassendes Paket vor: Herdenschutz muss bundesweit einheitlich und stärker gefördert werden. Nutztierhalter gehören besser entschädigt und informiert. Das Hirtenwesen muss belebt werden. Die Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden muss vorangetrieben werden. Das bisher nahezu wirkungslose „Österreichzentrum Bär-Luchs-Wolf“ ist zu stärken und ausreichend zu dotieren.
Videos von Wölfen und Herdenschutz zum Download: https://we.tl/t-eT2Y8hJh1e