Foto: Herout

Alt und gesund – geht das?

Legeperioden Seitdem der Ankaufspreis für Junghennen speziell im Bio-Bereich deutlich gestiegen ist, stellt sich für Landwirte immer häufiger die Frage: Soll oder muss ich meine Legehennen-Herde mit einer Leistung von rund 80 ­Prozent wirklich schon der Schlachtung zuführen? Oft macht es Sinn, die Tiere noch länger zu behalten.

Von Nicole Herout

Folgende Fragen ziehen oft weitreichende Konsequenzen nach sich:

Wie gesund und stabil haben die Tiere die 1. Legeperiode überstanden?
Der Wunsch jedes Legehennen-Halters ist eine stabile Herde. Gemeint sind damit ein ruhiger Anstieg der Legeleistung bis in einen Bereich von 94 bis 96 Prozent; eine möglichst flach verlaufende Legeleistungskurve, die erst nach der 45. Woche langsam abfällt; voll befiederte Hennen mit guter Futteraufnahme, ruhigem Wesen; kein Kannibalismus und kaum tote Tiere. Um all das zu erreichen, braucht es optimale Stallbedingungen mit gutem Stallklima, sauberes Umfeld, ausreichend Licht und eine jeweils angepasste, optimale Fütterung.
Die Periode der Umstellung vom rohfaserreichen Aufzuchtfutter auf den Calcium- und Eiweiß-betonten Legestarter ist für die Junghennen mit sehr viel Stress verbunden. Sie müssen sich einerseits auf einen neuen Stall, eine neue Herde und ein völlig anderes Futter einstellen und gleichzeitig stellt sich ihr Körper hormonell und vom Stoffwechsel her auf das Eier-Legen um. Als Hühnerhalter ist man sehr gut beraten, seine Tiere genau in dieser Phase zusätzlich zur normalen Routine zu unterstützen. Etwa durch den Einsatz einer homöopathischen Einstall-Prophylaxe, deren Zusammensetzung auf folgende Aspekte abzielt: Reduktion der Stressfolgen durch den Transport; Reduktion der Stressfolgen durch Fangen, Entladen, diverse Verletzungsmöglichkeiten; Berücksichtigung der gesamten Verfassung der Herde.
Eine hocheffiziente Futter-Ergänzung im Legestarter ist der Einsatz eines Betonits, der als Binder für freie Radikale, Fehlgärungsprodukte – beides entsteht stressbedingt im Verdauungstrakt – und von Mykotoxinen fungiert, sowie der prophylaktische Einsatz von hochkonzentrierten Kräutern und Gewürzen, deren Zusammensetzung immunitätsstärkend und entzündungshemmend sein soll. Hagebutte und Sonnenhut seien hier als heimische Beispiele erwähnt, es steht aber auch eine breite Palette an Pflanzen aus Indien zur Verfügung.
Moderne Zuchtprogramme treiben die folgende Phase des Legeleistungs-Peak immer höher und dehnen die Hochleistung immer länger aus. Besonders bedenklich ist etwa der Einsatz der neuen Rasse „Sandy“ im Biobereich. Mit ihrer extrem hohen Leistung wird versucht, die schlechte Mastleistung der Bruderhähne finanziell wettzumachen. Aber die Hennen sind nun mal da und müssen auch Bio-Leistungen aushalten. Neben einer perfekten leistungsbezogenen Fütterung ist hier speziell vorbeugend auf die Lebergesundheit zu achten, weil in dieser Phase die gefürchteten E.Coli-Infektionen auftreten. Dieser Erreger zieht auch die Leber stark in Mitleidenschaft. Eine Stärkung dieses Organs in dieser Phase ist ein Muss.  Die Lebergesundheit fördernde und unterstützende Kräuter wie Mariendistel und der fortgesetzte Einsatz von Bentonit sind sehr zu empfehlen.

Welche Legeleistung bringen Hennen noch mit 70 Wochen? Und wie hoch ist der Bruch- und Knick­eier-Prozentsatz zu diesem Zeitpunkt?
Kommt die Herde nun in das letzte Drittel der ersten Legeperiode, so sind Tiergesundheit, Legeleistungskurve und Anzahl der Bruch- und Knickeier entscheidende Parameter. Meist treten nun die ersten Anzeichen von Organermüdung auf. Ausreichend Pickmaterial, vorgekeimte Körner und die Aufnahmemöglichkeit von Naturmaterial im Auslauf verbessert die Verdauungsleistung des Darmes. Unterstützt man ab einer Legeleistung von unter 90 Prozent die Tiere mit den entsprechend zusammengesetzten Kräuterprodukten, wie MOMO-AKTIV agrar-HEPAR und MOMO-AKTIV agrar-MOBIL, kann man den Anteil der Bruch- und Knickeier unter 3 bis 4 Prozent halten. Eine solche Herde, mit weitestgehend intakter Befiederung und wenig Tierverlusten, ist fit für einen zweiten Durchgang.

Durchlegen oder Zwangs­mauser?
Lässt man die Herde einfach über die 72. Lebenswoche hinaus weiterlegen, muss durch leichtes Absenken des Energiegehaltes im Futter auf die durchschnittlich niederere Legeleistung Rücksicht genommen werden. Der Rohproteingehalt, zugesetzte Fette, Öle, Methionin, sollten leicht reduziert werden, um den Anteil an zu großen Eiern zu bremsen. Die Mineralstoffe, speziell Calcium in Menge und Körnungsgröße, müssen optimal ausbalanciert sein und der Darm gesund und aktiv erhalten werden, um eine optimale Resorptionsleistung zu erreichen. Dies lässt sich durch den fortgesetzten Kräutereinsatz in der 2. Legeperiode gut unterstützen. So erhält man stabile Herden bis zum Absinken der Legeleistung auf 65 Prozent. Dies ist der Wert, ab dem die Aufwandskosten nicht mehr gedeckt sind. Die geringere Legeleistung gleicht sich aber in jedem Fall durch die ersparte Investition für den Ankauf einer neuen Herde aus. Es muss also für drei Umtriebs-Zeiträume nur in zwei Herden investiert werden. Wirtschaftlich ist das überlegenswert und ein mindestens gleich gutes Verkaufsargument für auf Tierschutz sensibilisierte Konsumenten wie die Hahnenmast.
Die andere Alternative ist die Zwangsmauser, wo die Tiere mit einer noch verbliebenen Legeleistung von rund 80 Prozent durch kurzfristigen Futter- und Wasserentzug an zwei bis drei Tagen, gefolgt von langsamen Anfüttern mit Legestarter, zur Absenkung der Legeleistung bis auf Null gezwungen werden. Dies wird nach etwa drei Wochen erreicht. Ab diesem Zeitpunkt startet man wieder, wie mit einer jungen Herde, unter konstanter Unterstützung der Lebergesundheit durch vorbeugenden Kräutereinsatz.
Es dauert allerdings weitere 4 bis 5 Wochen, bis die Herde wieder stabil das Niveau von 82 bis 85 Prozent Legeleistung erreicht hat. Der Anteil der Bruch-und Knickeier kann allerdings drastisch auf unter 1 Prozent gesenkt werden. Er steigt dann wieder ganz langsam an, bis er nach 7 bis 8 Monaten wieder 3 bis 4 Prozent erreicht. Auch hier gilt, dass das Unterschreiten der 65-LL-Prozent-Marke den Zeitpunkt für die Ausstallung anzeigt. Mit beiden Methoden lassen sich Lebenslegeleistungen von 450 Eiern und mehr erreichen. Das von den Geflügelzüchtern immer heftiger angestrebte Ziel der 500-Ei-Henne rückt also in immer greifbarere Nähe.

Gibt es von Seiten der Ei-Abnehmer-Firma vertragliche Einschränkungen?
Es gibt immer noch Handelsketten, die ihre Landwirte vertraglich zur Schlachtung nach einer Legeperiode zwingen. Dies sollte jedenfalls überdacht werden, da es eigentlich eine Vergeudung von wertvollem Leben ist.
Auch Hochleistungshybriden können in der privaten Extensiv-Haltung mehrere Jahre alt werden. Warum also diese hochspezialisierten Tiere umbringen, nur weil sie ihre astronomisch hohe Leistung etwas reduzieren? Vitalität und die theoretische Fähigkeit zur Langlebigkeit könnten in Zukunft nicht nur beim Rind, sondern auch bei Geflügel zu einem Selektionsmerkmal in der Genetik werden.

Dr.med.vet. Nicole Herout ist Tierärztin.