Ist Wettbewerb um Rohmilch Fiktion?
Große Spannbreiten bei der Wertschöpfung. Milchauszahlungspreise, die sich nur wenig unterscheiden. Molkereien, die selbst während Krisen gut verdienen:. Exporte, die kein Garant für Wertschöpfung sind. Andienungspflicht und Abnahmegarantie verunmöglichen den Wettbewerb. Das alles hat die jüngste Studie des MEG Milchboard ans Licht gebracht.
Bereits die erste Studie zur Wertschöpfung deutscher Molkereien im Jahr 2015 hat gezeigt: Es gibt keinen Wettbewerb um Milch! Dies wird durch die Aktualisierung bestätigt. In der jüngsten Studie wird die Wertschöpfung von 38 Molkereien untersucht. Das Ergebnis der Studie zeigt: Während die Wertschöpfung bei den Molkereien ist in einem Zeitraum von zehn Jahren kontinuierlich gestiegen ist, sind die Milchauszahlungspreise stabil geblieben.
Klarer Schluss für den Vorstandsvorsitzenden der MEG Milch Board Frank Lenz: „Nach wie vor bestimmen die großen Genossenschaftsmolkereien mit niedriger Wertschöpfung die Milchauszahlungspreise. Deren Höhe dient den Molkereien mit besserer Wirtschaftlichkeit als Messlatte. Die Tragweite dieser nicht ganz neuen Erkenntnis ist existenziell. Aber eben nur für die Bäuerinnen und Bauern! Es gibt also keinen Wettbewerb um Milch, und deshalb zahlen die Molkereien mit hoher Wertschöpfung denselben Milchpreis an ihre Lieferanten wie jene Molkereien, die nur eine niedrige Wertschöpfung erreichen. Von einem funktionierenden Markt mit Gewinnteilung für alle Teilnehmer kann nicht die Rede sein.“
In der aktualisierten Studie sind auch die Krisenjahre 2015/2016 enthalten. Die Erkenntnis aus diesen Zahlen erschüttert Lenz ganz besonders: „Für die Molkereien gibt es keine Milchkrisen! Ganz im Gegenteil: Viele Molkereien konnten, weil der Einkauf von Milch so billig war, ihre Nettowertschöpfung in diesem Zeitraum sogar erhöhen. Alle Molkereien – ob Genossenschaften oder Private – haben in der Zeit, als es den Bäuerinnen und Bauern an den Kragen ging, beträchtliche Rücklagen gebildet. Sie haben in keiner Weise dazu beigetragen, die existenzielle Notlage der Höfe zu entschärfen. Das gilt insbesondere für die genossenschaftlichen Molkereien. Dass die mitbesitzenden Genossen einen maßgeblichen Einfluss auf „Ihre“ Molkereien haben, ist ein Märchen!“
Außerdem zeigte sich, dass Export ist kein Garant für eine hohe Wertschöpfung ist. Lenz hierzu: „Wenn überschüssige Milchmengen über Massenprodukte auf dem Weltmarkt entsorgt werden, kann dies nur zu einer geringen Wertschöpfung führen. Das sieht bei höher verarbeiteten Produkten ganz anders aus. Es kommt also vielmehr darauf an, was exportiert wird. Allerdings gilt auch da: Die Milcherzeuger/innen werden nicht an einer höheren Wertschöpfung beteiligt.“ Dazu formuliert Lenz die Lösungsschritte der MEG Milch Board: „Andienungspflicht und Abnahmegarantien der Genossenschaftsmolkereien sorgen dafür, dass der Wettbewerb um die Milch ausgeschaltet ist. Es ist längst möglich, dieses Relikt, das mit der Quote hätte abgeschafft werden müssen, durch Milchkaufverträge zu ersetzen. Milchkaufverträge sind genauso bindend wie die Andienungspflicht und Abnahmegarantie, bieten den Vertragspartnern jedoch weitaus mehr Planungssicherheit, weil Preis, Zeitraum, Menge und Qualität konkret geregelt sind.
Eine Bündelung der Milchmenge vor den Molkereien bietet die Chance für kraftvolle Verhandlungen. Allerdings ist es Aufgabe der Bäuerinnen und Bauern, mit dieser Bündelung nicht nur Vertrauen zu schaffen, sondern höhere Milchpreise durchzusetzen. Das ist ein Weg, der ganz ohne den zahnlosen Tiger ‚UTP Richtlinie‘ eine faire Verteilung der Wertschöpfung in der gesamten Lieferkette möglich macht.“ Erst wenn diese Maßnahmen umgesetzt sind, kann Lenz zufolge von einem funktionstüchtigen Markt gesprochen werden: „Chancen und Risiken sind dann unter den Markteilnehmern gleich verteilt. Und was den Milchpreis angeht – der würde steigen!