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Wird China den Milchpreis retten?

Infolge der Corona-Krise steigt auch der Druck auf die europäische Milchwirtschaft. Die Branche, die EU-Abgeordneten und die Mitgliedstaaten erwarten deshalb Hilfe aus Brüssel. Die EU-Kommission sieht jedoch derzeit keine Möglichkeit zur Finanzierung entsprechender Maßnahmen. Laut Agrarkommissar Janusz Wojciechowski sind im EU-Haushalt 2020 keine Reserven für die Marktintervention vorhanden.

Schon Mitte März hatte der Europäische Molkereiverband (EDA) auf den spürbaren Rückgang der Notierungen für Magermilchpulver aufmerksam gemacht. Mit Beihilfen für die Private Lagerhaltung (PLH) sollte man dem Abwärtstrend entgegensteuern, forderte der Verband in einem Brief an den EU-Agrarkommissar. Wojciechowski wollte die Forderung im Auge behalten und vertröstete die Branche vorerst. Bei ihrer Sitzung vor Ostern setzte sich zudem die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten im Sonderausschuss Landwirtschaft für die Öffnung der PLH für Magermilchpulver, Butter und Käse ein. Lediglich Dänemark und die Niederlande lehnten einen Eingriff in den Markt ab.

In dieser Woche schlossen sich nun zahlreiche Europaabgeordnete in ihrer Ausschusssitzung der Forderung nach Öffnung der PLH an. Diesmal erklärte der EU-Agrarkommissar die Gründe für sein Zögern: „Im EU-Haushalt 2020 gibt es keine Reserven mehr für die Marktintervention“, stellte Wojciechowski im Ausschuss fest. Er wäre zwar mit einer Preisstützung einverstanden, könne sie aber aus haushaltstechnischen Gründen nicht veranlassen.

Dem gegenüber appellierte der französische Landwirtschaftsminister Didier Guillaume diese Woche in einem Brief an den EU-Agrarkommissar, man dürfe mit den Lagerbeihilfen nicht länger warten. Weil Brüssel noch mauert, geht Frankreich inzwischen einen eigenen Weg bei der Stützung seines Milchmarktes. Die Interprofession der französischen Milcherzeuger (CNIEL) bietet ein freiwilliges Herauskaufprogramm an. Allerdings muss die EU-Kommission das Programm, mit dem die Angebotsspitze in Frühjahr abgeflacht werden soll, noch genehmigen.

Die Milchmarkt-Beobachtungsstelle der EU-Kommission weist in ihrer jüngsten Statistik darauf hin, dass die Erzeugermilchpreise im März 2020 noch relativ stabil geblieben sind. Ein deutlicher Rückgang zeigt sich jedoch bei der Notierung für Spotmilch. Diese lag am 12. April in Lodi (Italien) nur mehr bei 30,5 Cent je kg – im März waren es noch 35 Cent und im Februar rund 38 Cent. Die Verringerung fällt somit deutlicher aus als die übliche saisonale Abwärtstendenz. Die Kurse für Standard-Milchprodukte tendieren am EU-Markt weiter nach unten. Die US-Produzenten können die meisten Erzeugnisse global am billigsten anbieten, nur bei Vollmilchpulver sind die EU und Ozeanien noch günstiger als die USA.

Einen Lichtblick am Weltmilchmarkt gibt es in Neuseeland: Die Preise für Milcherzeugnisse sind an der internationalen Handelsplattform GlobalDairyTrade vergangene Woche – erstmals seit Anfang Februar – nicht mehr gefallen, sondern leicht gestiegen. Mike Cronin, Manager beim Molkereiriesen Fonterra, erklärte, dass chinesische Käufer offensichtlich an die GDT zurückgekehrt seien, was sich vor allem im gestiegenen Kurs für Vollmilchpulver zeige. Dies sei hoffentlich ein Zeichen, dass sich die Wirtschaft in der Volksrepublik auf dem Weg zur Normalität befinde.