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Raiffeisen Ware Austria steigert Umsatz in schwierigem Umfeld

Eine wiederholt schlechte Ernte, gravierende Logistikprobleme im Agrar- und Energiesegment sowie ein weiterhin rückläufiger Traktormarkt zählten 2018 zu den wichtigsten Herausforderungen in den Kernsegmenten des Raiffeisen Warenverbunds. „Dank des breiten Portfolios ist es sowohl uns als auch den Lagerhäusern gelungen, schwächere Bereiche durch eine besonders gute Performance in anderen Sektoren auszugleichen und damit eine respektable Leistung zu erzielen“, erläuterte RWA-Generaldirektor Reinhard Wolf gegenüber Journalisten. Der Konzernumsatz stieg um 3,1% auf 2,5 Mrd. Euro, das operative Ergebnis erhöhte sich in fast allen Geschäftsfeldern. Ebenso positiv schlossen die Lagerhaus-Genossenschaften das Geschäftsjahr ab – mit einem Gesamtumsatz von 4,5 Mrd. Euro (+4,4%).

Der Agrarbereich als größter RWA-Sektor erzielte trotz einer witterungsbedingt wiederholt schlechten Ernte, wodurch die im Konzern gehandelte Getreidemenge von 3,4 auf 3,06 Mio. t sank, ein Umsatzplus von 2,2% auf 1,3 Mrd. Euro. Dazu beigetragen habe die „herausragende Entwicklung im Futtermittelsektor sowie in den CEE/SEE-Ländern“, so Wolf. Auch das globale Ernteergebnis fiel erstmals seit Jahren negativ aus, der weltweite Verbrauch überstieg die Produktion, der Lagerstand sank infolgedessen um 46 Mio. t. Auf die Preisentwicklung habe das aufgrund der guten Ernten der vorangegangenen vier Jahre nur geringe Effekte gehabt, so Wolf, wohl aber auf die Kaufkraft der Bauern.

Erstmals sah sich die RWA nach dem dürrebedingt längerfristigen Niederwasser auf einem der zentralen europäischen Binnenschifffahrtswege, dem Rhein-Main-Donau-Kanal, auch mit Logistikproblemen konfrontiert. „Nur funktionierende Wasserstraßen können zu prosperierenden Wirtschaftsregionen führen, hier hat die EU dringenden Nachholbedarf“, so der Konzernchef. Zunehmende Probleme ortet er ebenso in der Pflanzenschutzmitteldiskussion, wo erste Industriebewerber dem europäischen Markt bereits den Rücken kehren. „Man muss bedenken, dass den Landwirten damit wichtige Wirkstoffe verloren gehen. Das führt sukzessive zu einem Kulturenwandel, weg von Arten mit einem höheren Schädlingsdruck. Das wiederum hat Einfluss auf das bäuerliche Einkommen und die Artenvielfalt“, zeigt Wolf auf.

Im Technikbereich weist die RWA für 2018 zwar ein Umsatzplus von 62,5% auf 235 Mio. Euro aus. Dieses ist aber maßgeblich auf die erstmals ganzjährige Vollkonsolidierung des Lagerhaus Technik-Centers (LTC) im Konzern sowie auf den erfolgreich gewachsenen Landtechnik-Vertrieb zurückzuführen. Die Traktoren-Neuzulassungen gingen hingegen um 22,5% oder 1.263 Zulassungen zurück. Ein Trend, der dem Strukturwandel in der Landwirtschaft folge, die Einkommenslage der Bauern widerspiegle und von den technologischen Entwicklungen getrieben werde, so Wolf. Unter den im Konzern angebotenen Traktorenmarken erreichte John Deere im Berichtsjahr mit 716 Zulassungen und einem Marktanteil von 16,5% hinter Steyr den zweiten Platz und lasse „Positives für die Zukunft erwarten“. Lindner hat indes gegenüber 2017 deutlich verloren.

Der Baumarkthandel erlebte im Geschäftsjahr eine gute Konjunktur. Die Umsatzerlöse stiegen vor dem Hintergrund einer allgemein guten Kaufkraft der privaten Haushalte um 1,4%. „Innerhalb der Sortimentsbereiche wird für uns eine Verschiebung hin zu den Schwerpunkten Gartengestaltung und Wohnen deutlich. Und auch bei den Vertriebsstrukturen zeigt sich, dass das stationäre Geschäft an Bedeutung verliert“, so Wolf weiter. Der Umsatzrückgang um 49,8% auf 110 Mio. Euro im Segment Bau & Garten beruht auf einer neuen Bilanzierungsregelung, wodurch 100 Mio. Euro aus der Konsolidierung herausgenommen wurden.

Eine sehr preisgetriebene Umsatzsteigerung um 9,3% auf 785 Mio. Euro verzeichnete der Energiesektor. In einem von Mengenknappheit geprägten Mineralölmarkt (Lieferengpass aufgrund des Niedrigwassers auf dem Rhein-Main-Donau-Kanal) konnte das Tochterunternehmen Genol dank einer guten Einkaufsposition deutliche Mengensteigerungen erzielen. Bei Pellets blieb die Nachfrage aufgrund des milden Winters hinter den Erwartungen zurück.

„Als jüngstes Segment des RWA-Konzern ist der Dienstleitungssektor Digital Farming umsatzmäßig noch relativ klein (380.000 Euro), die Services, die wir den Landwirten anbieten, laufen mittlerweile aber sehr erfolgreich“, teilt der Generaldirektor mit. So wurden im Vorjahr bereits 500.000 ha Landwirtschaftsfläche mit Drohnen behandelt.

Mit Ausnahme von Agrar entwickelten sich auch in den Lagerhaus-Genossenschaften alle Einzelsegmente positiv. Ihr Gesamtumsatz erhöhte sich um 4,4% auf 4,5 Mrd. Euro. Das Segment Agrar blieb trotz der schlechten Ernte stabil mit einem minimalen Rückgang (-0,1%) auf 1,1 Mrd. Euro. Das Technikgeschäft (inkludiert neben Landtechnik auch Pkw und Nutzfahrzeuge) verbesserte sich trotz der schwierigen Marktsituation erfreulich (+6,9% auf 725 Mio. Euro), der Energiebereich legte sogar um 12% auf 1,2 Mrd. Euro zu. Aber auch die übrigen Segmente wuchsen solide, mit einem leichten Wachstum von 2,2% auf 718 Mio. Euro bei Baustoffen beziehungsweise +0,5% auf 645 Mio. Euro bei Bau & Garten.

Die Lagerhaus-Genossenschaften sind nicht nur Dienstgeber für rund 12.500 Personen, sondern bilden bundesweit auch etwa 1.000 Lehrlinge aus. „Mit 27 Berufen (je nach Standort verschieden) bieten wir jungen Menschen eine Vielzahl an Berufsmöglichkeiten an. Dennoch wird es immer schwieriger, Lehrlinge zu bekommen“, zeigt Wolf auf. Daher gibt an allen Lagerhaus-Standorten Initiativen, um Lehrlinge ans Unternehmen zu binden.

2018 hat die RWA auch Anstrengungen unternommen, sich in neuen Zukunftsfeldern, die sich infolge des immer sichtbareren Klimawandels und des allgemeinen gesellschaftlichen Trends in Richtung Nachhaltigkeit ergeben, erfolgreich zu positionieren. Dazu zählt unter anderem die Übernahme der Parga Park- und Gartentechnik GmbH, einem Anbieter für den sparsamen Einsatz von Wasser im Landschafts- und Feldbau, der Erwerb von Citygreens oder der Einstieg in die Saatzucht Edelhof zur Entwicklung von an die geänderten Klimaverhältnisse in Österreich angepassten Getreidesorten, die insbesondere in den CEE/SEE-Ländern das Angebot verstärken sollen.

Sinkende Panelpreise und steigende Stromkosten haben das Interesse der RWA an Photovoltaik geweckt. Um diese Technologie vom derzeitigen reinen Eigenverbrauch großflächig nutzbar und für Investoren lukrativ zu machen, brauche es aber entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen, zeigte Wolf auf. Um Anreize zu liefern, wäre auch die Befreiung des PV-Stroms von der Energieabgabe wünschenswert.

Mit Garant Futtermitteln hat die RWA im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Wachstum von 6% erzielt. Das Unternehmen erzeugt neben Mischfutter auch äußerst erfolgreich Nischenprodukte wie Fischfutter – ein Weg, der konsequent weitergeführt werden soll. Ebenso wie das Engagement in der Biolandwirtschaft angesichts der steigenden Zahl an Umstellerbetrieben in Österreich. Dadurch steigt das Vermarktungsvolumen an Biogetreide – einige Lagerhaus-Standorte wurden bereits entsprechend adaptiert. Hinsichtlich der Vermarktung sieht Wolf allerdings eine zunehmende Sättigung und ebenso einen drohenden Preisdruck. „Wie in Österreich steigen auch in unserem traditionellen Exportmarkt Deutschland mehr Landwirte auf die ökologische Wirtschaftsweise um, sodass unser Nachbarland mittelfristig weniger Ware aufnehmen wird.“

Für das laufende Jahr rechnet der Generaldirektor mit einer Fortsetzung der erfolgreichen Umstrukturierung im Landtechniksektor sowie mit einer weiteren Verlangsamung der Dynamik bei den Baustoffen. Im Agrarbereich haben die jüngsten Regenfälle die Stimmung wieder verbessert. Wachstumschancen rechnet man sich im Bereich Bau & Garten aus – diesen Märkten stehen 2019 größere Veränderungen bevor. Neben 15 neuen Standorten werden 50 Märkte modernisiert. „Wie in Korneuburg erstmals umgesetzt, wollen wir das Einkaufen für unsere Kunden zu einem Erlebnis machen“, so Wolf. Ein Aufholprozess, der durch den neuen Onlineshop und die Website mehr Kundenakzeptanz bringen soll.