Geeignetes Saatgut für Wälder gesucht
Der Klimawandel macht vor politischen Grenzen nicht Halt, ebenso wenig wie die Suche nach Lösungen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung: Um geeignetes Saat- und Pflanzgut für Bäume zu finden, die sich besser an die Bedingungen des Klimawandels anpassen können, muss über die nationalen Grenzen geschaut werden, da sich die meisten Baumarten bei ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet an ökologische Lebensräume orientieren. Zum Beispiel könnten Eichenherkünfte aus Ungarn auch in Ostösterreich angebaut werden. Das Projekt SUSTREE begibt sich auf die Suche nach diesen grenzüberschreitenden Herkunftsgebieten.
Dabei stehen sieben ökologisch und ökonomisch wichtige Baumarten Europas im Fokus. Die Experten von SUSTREE wollen bei Forstpraktikern und Interessenvertretern in Zentraleuropa das Bewusstsein schaffen, wie wichtig die genetische Vielfalt ist. 2017 wurden Waldbewirtschafter, Naturschützer und Mitarbeiter von Forstgärten in sechs Ländern dazu online befragt. 800 Personen gaben Auskunft, wie sie die Möglichkeiten der Klimawandelanpassung und die Bedeutung der genetischen Variation beurteilen und welche Chancen sie für die Nutzung von forstlichem Vermehrungsgut sehen.
Alle Befragten schätzen den Klimawandel als den wichtigsten Faktor ein, der künftig ihre wirtschaftliche Tätigkeit beeinflussen wird. Der Großteil bewertete die Auswahl von angepasstem Pflanzmaterial als bedeutend und möchte die genetische Vielfalt stärker in der Bewirtschaftung berücksichtigen, fühlt sich dazu jedoch schlecht informiert. „Diese Wissenslücke zu füllen ist Hauptaufgabe des SUSTREE-Projektes“, erklärt Projektleiter Silvio Schüler vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW).
In der ersten Projektphase wurden die technischen Voraussetzungen für eine Informations-App geschaffen, dazu wurden Klimadaten aus der EURO-CORDEX Klimadatenbank in 83 jährliche, saisonale und monatliche, biologisch relevante Klimavariablen für zwei Klimaszenarien umgerechnet. Außerdem wurden Verbreitungskarten zusammengetragen und eine Datenbank mit bestehenden Herkunftsversuchen angelegt. Auf Basis dessen wurde die Abgrenzung bestehender Herkunftsgebiete evaluiert. Fichte und Stieleiche dienten als Modell-Baumarten und es zeigte sich, dass in den einzelnen Ländern die Abgrenzung nach unterschiedlichen Kriterien erfolgte. Ein Klimavergleich ermöglichte bereits die Festlegung von Herkunftsgebieten mit ähnlichen klimatischen Bedingungen. Diese Cluster sollen in weiterer Folge für die Definition von grenzüberschreitenden Herkunftsgebieten verwendet werden.
SUSTREE wird finanziert durch das Interreg-Zentraleuropa-Programm und zielt auf die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Baumartenvielfalt im Hinblick auf den Klimawandel ab. Acht Organisationen aus Österreich, der Tschechischen Republik, Deutschland, Ungarn, Polen und der Slowakei arbeiten im Projekt zusammen. Die Projektleitung liegt beim Bundesforschungszentrum für Wald, Wien