Pflanzenschutzindustrie wendet sich von Europa ab
Die Transaktion mit ChemChina im Vorjahr hat zu keinen wesentlichen Änderungen im Syngenta-Geschäft geführt, erklärte der Leiter von Syngenta Österreich, Christian Stockmar vor Journalisten. Die Auswirkungen auf das Geschäft seien überschaubar und durch neue Produkte kompensiert worden. Insgesamt sieht Stockmar am chinesischen Markt ein großes Wachstumspotenzial, zumal das Land über Syngenta nun neue Technologien zur Verfügung habe. Syngenta – nach eigenen Angaben der weltweit führende Hersteller von Pflanzenschutzmitteln – sei aktuell dabei, seine Produkte zu positionieren, um den vollen Zugang zum chinesischen Markt bei Pflanzenschutzmitteln und Saatgut nutzen zu können.
In Europa bleibe das Management von Zulassungsrisiken ein allgemein wichtiges Thema und zugleich Wermutstropfen. „Wir sehen hier in Europa eine große Rechtsunsicherheit. Die Planbarkeit wird immer schwieriger, weshalb der EU-Markt ein großes Fragezeichen ist“, so Stockmar. Das europäische Problem liege darin begründet, dass die Prüfbestimmungen im Zulassungsverfahren immer theoretischer werden. „Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es inzwischen nicht mehr darum geht, Europa mit modernen Mitteln zu versorgen, sondern das Gegenteil der Fall ist“, sagte der Syngenta Österreich-Chef. In der Konsequenz führe das dazu, dass inzwischen nur noch 16% der Wirkstoffe für den europäischen Markt entwickelt werden. „Wer politisch regionale Produktion haben möchte, der muss auch dafür sorgen, dass die Produktionsmittel in den Regionen zur Verfügung stehen, sonst wird das die Quadratur des Kreises“, so Stockmar.
Die weltweiten Forschungsausgaben von führenden Unternehmen der Branche in Produkte für den europäischen Markt seien von 33,3% (1980 bis 1989) auf mittlerweile 7,7% (2005 bis 2013) zurückgegangen. Außerdem gebe es in Europa einen Zulassungsstau, sodass neue Wirkstoffe in Nordamerika teilweise schon drei Jahre zuvor eingesetzt werden.
Die Politisierung des Zulassungsverfahrens bedeute einen „gewaltigen“ Druck auf die behördlichen und politischen Entscheidungsträger und zusätzlich würden die Prüfrichtlinien immer konservativer. „Die NGOs haben eine wesentliche Rolle in der Bildung der öffentlichen Meinung, die von der Politik übertragen wird und in die Gesetzgebung mündet“, spricht sich Stockmar für ein neues Leitbild in der Landwirtschaft aus, wozu sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen müssten.