Saatzüchter gegen Patente auf Saatgut
„Saatgut Austria sowie die European Seed Association (ESA) haben bereits vor einem Jahr eine Novelle der EU-Patentrichtlinie gefordert, um Rechtssicherheit herzustellen und die Graubereiche zwischen Sorten- und Patentschutz klar zu regeln“, zeigt sich Michael Gohn, der Obmann von Saatgut Austria, erfreut über den Einstieg der Grünen in den Diskurs um Patente auf Pflanzen. Der Anlass ist die Erteilung von Patenten auf konventionell gezüchtete Braugerstensorten an die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken. Zwei Patente basieren auf zufälligen Mutationen im Erbgut der Gerste, ein drittes beruht auf einer Kombination der Eigenschaften durch weitere Züchtung. Alle Patente beziehen sich dabei auf Eigenschaften, die die Braufähigkeit der Gerste verbessern, und umfassen unter anderem die Pflanze, die Ernte, den Prozess des Brauvorgangs sowie Malz und Würze.
Im Februar haben sich die EU-Mitgliedstaaten dazu bekannt, gegen Patente auf konventionelle Züchtungen vorzugehen, und auch die EU-Kommission hat betont, dass Pflanzen, die durch konventionelle Züchtung entstanden sind, von der Patentierbarkeit auszuschließen sind. „Diese Forderung gilt es nun rasch in die Praxis umzusetzen“, so der Obmann. Im Frühjahr 2017 verhandeln die 38 Mitgliedstaaten des EU-Patentamts. Geht es nach Gohn, so soll bereits dort eine Entscheidung gefällt werden, „denn es braucht rasch eine klare Trennung, die Patente auf technische Erfindungen beschränkt und den Sortenschutz als primäres Schutzrecht in der Pflanzenzüchtung stärkt“.
Die Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatguthersteller Österreichs fordert eine Novelle der EU-Patentrichtlinie, die eine einheitliche und klare Unterscheidung zwischen Patent- und Sortenschutz beinhaltet. Weiters verlangt sie, dass es keine Patente auf im Wesentlichen biologische Verfahren gibt sowie Rechtssicherheit für die Pflanzenzüchter und Landwirte.
„Die zunehmende Zahl an Patenten vor allem auf konventionell gezüchtete Sorten stellt eine erhebliche Gefahr für das Züchterprivileg dar und gefährdet den Fortschritt in der Pflanzenzüchtung“, unterstreicht Gohn. Das Züchterprivileg sieht vor, dass eine durch den Sortenschutz geschützte Sorte uneingeschränkt und ohne Zustimmung des Züchters als Ausgangsmaterial für die Züchtung weiterer Sorten verwendet werden kann. Unterliegt die Sorte dem Patentschutz, sind damit enorme Kosten verbunden. Gleichzeitig drohen Verwicklungen in langwierige und existenzbedrohende Rechtsstreitigkeiten. Dazu Gohn: „Der Patentschutz soll eine Ergänzung sein, kein Parallelsystem. Mit dem Sortenschutz gibt es eine gut funktionierende Regelung, die einen wesentlichen Beitrag zum Züchtungsfortschritt leistet.“