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Getreide-Gütesiegel mit Fragezeichen

Mit der Novelle des AMA-Gesetzes werden erstmals für landwirtschaftliche Flächen Beiträge eingehoben. Damit wird auch ein Gütesiegel für Brot und Backwaren möglich.

Fleisch, Milch, Gemüse, Obst. Bis dato hat sich das AMA-Gütesiegel im Wesentlichen auf diese Produktgruppen beschränkt. Eine Bewerbung von Getreide war mangels Marketingbeiträgen dafür bisher nicht möglich. Diese waren zwar bei der Gründung der Institution rund um den österreichischen EU-Beitritt vorgesehen gewesen, ihre tatsächliche Einhebung war von den Mühlen aber vehement abgelehnt worden. Nach Kritik des Rechnungshofes wurde das Beitragssystem nun auf neue Beine gestellt und bei dieser Gelegenheit auch der Anbau von Marktfrüchten mitgenommen.

Künftig gibt es einen einheitlichen Beitrag von fünf Euro pro Hektar und Jahr für landwirtschaftliche Nutzflächen. Extensiv genutzte Flächen wie Almen oder Streuwiesen schlagen sich mit einem Euro zu Buche. Da auch Milch- oder Schweinebauern mit ihrem Grund von dieser Bemessung erfasst sind, werden parallel dazu die bereits bekannten Produktbeiträge reduziert, um einen fairen Ausgleich zu schaffen. Der Beitrag für Milch wird zum Beispiel von drei auf 2,2 Euro sinken. Insgesamt steht der AMA-Marketing damit ein um ein Viertel größeres Budget zur Bewerbung heimischer Agrarerzeugnisse zur Verfügung.

„Erstmalig können wir damit die gesamte Geschichte der Landwirtschaft erzählen“, meint der AMA-Qualitätsmanager Martin Greßl mit Blick aufs Getreide. In den nächsten Monaten werde man eine gemeinsame Ackerbaustrategie erarbeiten, die unter anderem die konkreten Details zur Einhebung enthalten wird. Ziel sei es, die Konzepte im Juni vorzustellen und der Auslobung der Ware mit der Ernte 2024 beginnen zu können. Zugeknöpft gibt man sich noch zu den möglichen Auflagen, die zu erfüllen sein werden. Klären wird man aber wohl müssen, ob es dann sowohl Gütesiegel- als auch Nicht-Gütesiegel-Weizen geben wird. Wenn man neben Biogetreide noch eine dritte Schiene etabliert, würde das die Übernehmer und Lagerhalter vor logistische Herausforderungen stellen. Offen ist auch, ob es dann einen offiziellen höheren Preis geben wird, von dem die Bauern profitieren. Außerdem ist noch nicht ganz klar, ob es zusätzliche Kontrollen geben wird oder ob etwa eine Teilnahme am ÖPUL als Basis genügt.

„Positiv gelassen“ sieht der Generaldirektor der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG, Josef Pröll, das Projekt. „“Wenn wir die genauen Vorgaben kennen, werden wir uns darauf einstellen“, so der Ex-Politiker, der mit Good Mills einen bedeutenden Mühlenkonzern in seinem Haus hat. Enorme Mengenverschiebungen erwartet er jedenfalls nicht. „Die Müllerei ist ohnehin ein extrem regionales Geschäft. Ein breitflächiges Herumkarren von ausländischem Getreide, wie uns manche unterstellen, sehe ich nicht. Aber wenn es einen Zusatznutzen für den Konsumenten bringt, warum nicht?“ Die entscheidende Frage sei, ob die Großbäckereien dann das AMA-Gütesiegel einsetzen und dieses im Regal ausweisen wollen. Welchen Preisaufschlag das alles beim Mehl nach sich ziehen werde, müsse man erst kalkulieren. „Wichtig ist uns nur, dass der Flaschenhals (der Verwaltung; Anm.) nicht bei den Mühlen ist.“

STEFAN NIMMERVOLL