Wieselburg bekommt ab Herbst 2018 FH-Studiengang
Als erstes Bundesland in Österreich bekommt Niederösterreich am Herbst 2018 einen FH-Studiengang für Agrartechnologie am Standort Wieselburg. Das haben Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Harald Mahrer, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und deren Stellvertreter Agrarlandesrat Stephan Pernkopf bekanntgeben. Letzterer spricht von einem „Update für Wieselburg“.
Begonnen wird mit vorerst 25 Studienplätzen im ersten Jahr, im Vollausbau werden es dann 75 Studierende sein, die in Wieselburg ein sechssemestriges FH-Studium für Agrartechnologie absolvieren können. Generell wird das Angebot im niederösterreichischen Fachhochschulwesen um 110 neue Studienplätze erweitert werden, bundesweit um insgesamt 450 Studienplätze. Aktuell gibt es in Niederösterreich etwa 9.700 Studierenden an Fachhochschulen. Bei der geplanten agrarspezifischen FH-Ausbildung in Wieselburg handelt es sich jedoch um eine bundesweite Premiere.
Niederösterreichs Landeschefin Mikl-Leitner bezeichnete die Entscheidung als einen „weiteren Meilenstein in der Hochschul-Entwicklung in Niederösterreich“. Man wolle junge Menschen mit jenem Wissen ausstatten, das sie brauchen, verwies sie etwa auf Kompetenzen für modernste landwirtschaftliche Produktionsketten und Verfahrenstechniken, die im Zuge des neuen FH-Studienganges vermittelt werden sollen.
Wieselburg sei „ein Ort, wo Tradition gelebt und Zukunft gemacht wird“, begründete die Landeshauptfrau die Wahl des Standortes. Mit dem Schul-, Lehr- und Forschungszentrum Francisco Josephinum oder der Wieselburger Landwirtschaftsmesse sei Wieselburg „das wohl traditionsreichste Agrarzentrum des Landes“, welches mit seinen landwirtschaftlichen Innovationen einen Ruf weit über die Grenzen des Landes hinaus genieße. Laut Wirtschaftsminister Mahrer brauche es in Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung eine Vielzahl an Spezialistinnen und Spezialisten, „und daher müssen wir die Digitalisierung ebenso in bestehende Lehrberufe hineinbringen wie in die Ausbildung an den höheren technischen Lehranstalten oder auch im Hochschulbereich.“
Der neue FH-Studiengang sei ein weiteres bedeutsames „Upgrade für das Agrarland Niederösterreich“, freute sich Landeshaupfrau-Stellvertreter Pernkopf über die Entscheidung. Innovationen in der Landwirtschaft müssten erforscht, aber auch praxistauglich und leistbar für die Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung gestellt werden können, betonte er. Seine Heimatstadt Wieselburg biete „ein ideales Umfeld für den praxisorientierten Unterricht und für die Forschung“, zeigte sich Pernkopf, selbst Absolvent der Landtechniker-Ausbildung am FJ, überzeugt.
Groß war die Freude über die Standortwahl auch beim mehr als 5.000 Mitglieder zählenden Absolventenverband des Francisco-Josephinum. Für Obmann Robert Fitzthum hat auch der Verband ehemaliger Hörer am FJ einen nicht unwesentlichen Anteil am FH-Zuschlag für Wieselburg. Der Alumni-Verband hat im Herbst 2016 eine überparteiliche Initiative für den FH-Standort Wieselburg initiiert und mit prominenten Absolventen, aber auch namhaften Vertretern aus Wirtschaft und Politik, darunter Ex-Landwirtschaftsminister und Vizekanzler Josef Pröll, Biomin-Gründer Erich Erber, Agrana-Boss Johann Marihart, LK-Österreich-Präsident Hermann Schultes oder dem jungen Startup-Unternehmer und Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner kräftig die Werbetrommel für Wieselburg geschlagen.
Generell dürfte die Entscheidung für den Standort Wieselburg, hier einen FH-Lehrgang für Agrartechnologie zu installieren, dem Wissenschaftsministerium aber nicht allzu nicht schwer gefallen sein. Nicht nur, dass seit genau 70 Jahren in Wieselburg die neuesten Entwicklungen in den Sparten Landtechnik und Biomasse von derzeit 43 Mitarbeitern erforscht und geprüft werden. Ihre Arbeit findet Eingang in internationale Normungsgremien und Arbeitskreise. Am vor sieben Jahren gegründeten Josephinum Research arbeitet man indes an aktuellen Entwicklungen rund um Mechatronik, Sensortechnik für Boden und Pflanze, Bildverarbeitung, Biogenen Rohstoffe und an der Digitalisierung in der Landwirtschaft.
Dazu kommen heuer zwei besondere Erfolge mit Firmen, deren Mitarbeiter als ehemalige Schüler der seit 1934 im Schloss Weinzierl angesiedelten Höheren Lehranstalt für Landwirte, Landtechniker und Lebensmitteltechnologen auf besonders Know-how verweisen können. Gemeinsam mit dem Josephinum Research entwickelten Pöttinger und CNH eine Methode zur kameragestützten Saatbettbereitung. Und das junge Startup-Unternehmen Farmdok mit Sitz in Wieselburg entwickelte eine App zur automatisierten Dokumentation landwirtschaftlicher Tätigkeiten. Beide Systeme wurden im Vorfeld der Agritechnica 2017 als besondere Neuheiten mit Silbermedaillen ausgezeichnet.
Indes haben sich die Wieselburger Landtechniker als Traktorentester weltweit einen Namen gemacht. Im Vorjahr stammten 25 von weltweit 124 OECD-Testberichten aus Wieselburg, Österreich ist damit Testland Nr. 1.Und die beiden FJ-Lehrkräfte Peter Prankl und Thomas Riegler wurden vor kurzem als beste MINT-Lehrer (steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) mit dem „Teacher Award“ der Industriellenvereinigung ausgezeichnet.