Foto: Bauernbund/Harald Klemm

Österreich hat erstmals Landwirtschaftsministerin

Am Montag, 18 Dezember, kurz vor 12 Uhr wurde in Österreich mit Elisabeth Köstinger die erste Landwirtschaftsministerin der 2. Republik angelobt. Die 39-jährige Bauerntochter aus Kärnten folgt auf Andrä Rupprechter, der das Amt fast auf den Tag genau vier Jahre lang ausgeübt hatte.

Köstinger gilt als eine der engsten Vertrauten des neuen Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Ihre politische Karriere begann 2008 als ÖVP-Abgeordnete im Europaparlament, eine Funktion die sie von 2009 bis Oktober 2017 ausübte. Seit 2009 ist sie auch Vizepräsidentin des Österreichischen Bauernbundes, im November 2014 wurde Köstinger zur Bundesparteiobmann-Stellvertreterin der ÖVP gewählt. Ab Mai 2017 war sie zudem Generalsekretärin der ÖVP und seit November vorübergehend für fünf Wochen Erste Präsidentin des Nationalrates.

In den kommenden fünf Jahren soll Köstinger nun das um mehrere Aufgabenbereiche erweiterte Agrar- und Umweltressort führen. Zu den neuen Agenden der ersten Landwirtschaftsministerin gehören auch die Bereiche Tourismus und Energie.

Auch erste Namen, wen sich Köstinger künftig als Mitstreiter in ihr Büro holt wurden bereits bekannt. Kabinettchef im Büro der Ministerin wird Gernot Maier, bisher Direktor für Politik und Strategie in der Bundes-ÖVP. Pressesprecher von Köstinger wird Jochen Prüller, einst Journalist bei der Tageszeitung Österreich, später Sprecher der Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss und zuletzt Leiter der ÖVP-Kommunikation.

Der Österreichische Bauernbund streute der neuen Ministerin bereits Rosen. Bauernbundpräsident Georg Strasser teilte in einer Aussendung mit: „Elisabeth Köstinger hat in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit für die bäuerlichen Familienbetriebe auf EU-Ebene geleistet.“ Das neu geschaffene Schlüsselressort für Nachhaltigkeit und Tourismus ermögliche, bislang nicht gekannte neue Synergien bei der Umsetzung der Klima- und Energiestrategie zu heben. Zusätzliche Einkommenschancen für die Bauern erwartet sich Strasser auch durch eine verstärkte Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Tourismus.

Einzig aus Tirol verlautete Kritik aus dem Bauernbund an dem Wechsel an der Spitze des Agrarressorts, weil der gebürtige Tiroler Andrä Rupprechter als Minister letztlich nicht mehr zum Zug gekommen ist.

Auch über das neue Regierungsprogramm äußerte sich Strasser betont positiv: Es sei gelungen, darin „weit über unsere bäuerlichen Anliegen hinaus bedeutsame Themen etwa im Energiebereich zu verankern. Das neue Regierungsprogramm steht für Entlastung, Entbürokratisierung und Innovation.“

Insgesamt sieben von 180 Seiten im neuen Regierungsprogramm widmen sich dem Thema „Landwirtschaft und ländlicher Raum“. Als Hauptaufgaben gesehen werden die angestrebte Selbstversorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln zu 100 Prozent, mit Aufholbedarf vor allem bei Gemüse (57 %), Obst (49 %), Eiern (86 %) oder Butter (71 %). Weiters Exportinitiativen und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für die bäuerliche Direktvermarktung, eine Absenkung der AMA-Gütesiegel-Lizenzgebühren für kleine bäuerliche Betriebe,  aber auch Abbau von Bürokratie oder etwa eine „praxistaugliche Umsetzung von Hygienevorschriften“ mit Ausnahmeregelungen für Kleinerzeuger ebenso wie eine „Erleichterung der Registrierkassapflicht“.

Auch eine „verpflichtende Herkunftskennzeichnung“ von Lebensmitteln ebenso in verarbeiteten Produkte soll vorangetrieben werden. Generell profitieren sollen Landwirte vom „Bekenntnis zu chancengleichen, regionalen Lebensräumen“, dem Ausbau der Infrastruktur am Land sowie dem Augenmerkt auf die medizinische Versorgungssicherheit im ländlichen Raum.

Keine Agrarfabriken, dafür eine Koexistenz von konventioneller Landwirtschaft ohne gentechnisch verändertem Saatgut sowie dem Biolandbau stehen ebenfalls im Programm wie auch die Feststellung, dass der „Bauernstand eine besondere volkswirtschaftliche Bedeutung für die Erhaltung der Kulturlandschaft, den Schutz der alpinen Siedlungsräume, für die Eigenversorgung mit gesunden Lebensmitteln, für die Krisenversorgung und für die Erhaltung der Landeskultur hat.“

BERNHARD WEBER