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Vernunft und Verantwortung

Unser Opa hat uns oft vom Krieg erzählt. Ich selber hätte mir nie gedacht, dass wir einmal eine Zeit erleben, wo nichts mehr normal ist, wo alles anders ist, als wir es gewöhnt sind. Wir stehen auf festem Grund, aber ein kleines Virus hätte uns schon bald den Boden unter den Füßen weggezogen. Wie kein anderes Jahr zuvor hat uns das Jahr 2020 aus der Bahn und dem gewohnten Trott geworfen. Was voriges Jahr um diese Zeit noch geordnet und geplant vor uns lag, wurde spätestens im Frühjahr umgestoßen. Eine weltweite Pandemie, die die persönliche Gesundheit bedroht und die gesamte Wirtschaft beschädigt. Wer uns das noch vor wenigen Monaten prophezeit hätte, wäre ungläubig angeschaut worden oder zumindest ungehört geblieben. Auf einmal war alles zugesperrt, Schulen, Handel, Kirchen. Und kein Flugzeug mehr am Himmel. Bis heute gibt es keine Normalität, im Gegenteil, die zweite Welle ist noch aggressiver und hat uns noch stärker getroffen. Schwierige Zeit liegen hinter und vor uns. Eine harte Prüfung für die gesamte Gesellschaft, der wir uns auch in den nächsten Wochen noch stellen werden müssen.
Entscheidend ist aber nicht, was im letzten Jahr war. Entscheidend ist auch nicht, was heute ist. Entscheidend ist, was am Ende des Jahres 2021 sein wird. Und ob wir dann sagen können, wir haben es gemeinsam geschafft. Ob wir allen Menschen helfen konnten, die medizinische Betreuung gebraucht haben. Ob wir die wirtschaftliche Situation gemeistert haben und jeder, den die Krise unverschuldet getroffen hat, Unterstützung bekommen hat. Und am wichtigsten: Ob wir in einem Jahr sagen können, dass wir unsere Kinder und älteren Menschen, Eltern und Großeltern, gut durch diese schwierige Zeit gebracht haben. Dafür braucht es zwei Dinge: Vernunft und Verantwortung. Natürlich ist es schmerzhaft, wenn Handel und Tourismus nicht so funktionieren, wie wir es gewohnt sind. Natürlich wollen wir unsere Freunde treffen wie bisher, privat und in unseren Vereinen, in der Kirche, bei der Feuerwehr. Aber es ist eben auch ganz eindeutig erwiesen, dass wir damit das Virus weiterverbreiten, unsere Intensivstationen überlasten und unsere Nächsten gefährden können. Niemand in diesem Land macht es Freude, Einschränkungen verkünden zu müssen, aber es ist eben vernünftig. Weil es unsere Gesundheit schützt und Leben rettet. Und das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Wir sitzen alle im selben Boot, da darf sich niemand zurücklehnen oder gar in die falsche Richtung rudern. Und deshalb verstehe ich auch Verweigerer, Leugner und Verschwörungstheoretiker überhaupt nicht. Sie gefährden mit ihrer Haltung Leben und sie verlängern die wirtschaftlichen und sozialen Einschränkungen, die sie selber lautstark (aber ohne Lösung) bekämpfen. Das ist unschlüssig, unvernünftig und unverantwortlich. Manchmal kommt mir vor, wir müssen die Vernünftigen vor den Unvernünftigen schützen.
Vor genau 75 Jahren wurde Leopold Figl zum ersten Bundeskanzler nach dem Weltkrieg angelobt. Seine Weihnachtsansprache ist legendär, die damalige Not heute unvorstellbar und auch überhaupt nicht mit der heutigen Situation vergleichbar. Trotzdem leite ich daraus ab: Es ist unsere Verantwortung, mit eigener Kraft aus dieser auch nicht einfachen Lage wieder schnell herauszukommen. Gesegnete Weihnachten, viel Glück und vor allem Gesundheit in Haus, Hof und Stall!