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Die unendliche Geschichte des Borealis-Deals

Genau ein Jahr lang versucht die OMV-Tochter Borealis nun schon, ihre Düngemittelsparte zu verkaufen. Zuerst um 455 Millionen Euro an den russischen Oligarchen Andrei Melnitschenko und seine Eurochem, was in letzter Sekunde durch die Russlandsanktionen vereitelt wurde. Kurze Zeit später legte der tschechische Multimilliardär Andrej Babis sogar 810 Millionen Euro auf den Tisch, um mit seinem Agrofert-Konzern zuzuschlagen. Dabei lag alleine 2022 der Halbjahresgewinn bei 256 Millionen Euro. Ein gutes Geschäft also. Hätte Eurochem den Zuschlag erhalten, hätten die Russen den Kaufpreis schon in einem Jahr wieder eingenommen gehabt. Warum verschleudert man also die Dünge­mittelsparte seitens der Borealis? Und warum verkauft man überhaupt ohne Not eine solche für die Lebensmittelproduktion systemrelevante Infrastruktur? Wo bleibt die Verantwortung der ÖBAG und damit der Republik, die hier zuschaut, wie rot-weiß-rote Sicherheit gegen Abhängigkeiten getauscht wird, noch dazu in einem schlechten Deal?
Mit erheblicher Verspätung wurde der unnötige Deal nun auch offiziell bei der EU-Wettbewerbsbehörde angemeldet. Damit kommt wieder Bewegung in die verfahrene Sache. Und wenn es nach den Interessen der heimischen Landwirtschaft und der Versorgungssicherheit geht, dann muss die Bewegung klar in eine Richtung gehen: nämlich zurück zum Start und zurück in die Heimat Österreich. Jetzt müssen alle Karten auf den Tisch. Der NÖ Bauernbund hat der EU-Wettbewerbsbehörde bereits im vergangenen Sommer die heimischen Bedenken mitgeteilt. Dabei hat man sich auch renommierte internationale Kartellexperten zu Hilfe geholt. Die EU-Wettbewerbshüter müssen den Deal jetzt nicht nur kritisch prüfen, sondern schlussendlich auch abblasen und verhindern.
Klar ist, dass die Düngemittel essenzielle Nährstoffe einer ertragreichen Landwirtschaft sind, die die Bevölkerung mit dem Wichtigsten, nämlich unserem Essen, versorgen soll. Dieser Deal ist eine Gefahr für die Bauernschaft und eine Gefahr für die Versorgungssicherheit in unserem Land. Denn damit wird versucht, systemrelevante Infrastruktur aus teilstaatlicher Hand an ausländische Oligarchen zu verkaufen. Gerade der Ukraine-Krieg samt Auswirkungen hat auch massive Folgen für die Düngemittelversorgung. Das muss nun Berücksichtigung im Verfahren finden.
Unabhängig von der Entscheidung der EU-Wettbewerbsbehörde könnte der Deal auch noch an Frankreich scheitern. Aufgrund eines strengen Investitionsschutzgesetzes muss nämlich Frankreich dem Deal gesondert und unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in Brüssel zustimmen. Damit zeigt Frankreich, dass strenge Gesetze im Sinne des Schutzes der Versorgungssicherheit solche Deals deutlich erschweren. Daher brauchen wir ein eigenes Investitionsschutzgesetz für Österreich. Dabei kann man sich ruhig ein Vorbild an den Franzosen nehmen, damit wir auch in Österreich in Zukunft die Zügel selber in der Hand halten. Die unendliche Geschichte muss ein rot-weiß-rotes Ende finden.