NIEDERÖSTERREICH IM FOKUS
Ohne Raps kein Öl, kein Futter, keine Bienenvielfalt
Wer in diesen Tagen durch das Land fährt, dem fällt eines sofort auf: Die leuchtend gelben Rapsfelder sind kaum noch zu sehen. Was früher ein gewohntes Bild im Frühling war, ist heute mancherorts schon fast zur Seltenheit geworden. Das mag romantisch betrachtet ein ästhetischer Verlust sein – tatsächlich aber ist es ein ernstzunehmendes Warnsignal. Denn der Rückgang des Rapsanbaus betrifft weit mehr als nur unsere Augen. Er betrifft unsere Versorgungssicherheit, unsere Tierhaltung, unsere Biodiversität – und letztlich uns alle.
Noch vor wenigen Jahren wurde in Österreich auf über 50.000 Hektar Raps angebaut, heute ist es weniger als die Hälfte. In Niederösterreich, dem Agrarbundesland Nummer eins, ist die Fläche von über 30.000 Hektar auf nur noch rund 11.000 geschrumpft. Und das nicht ohne Grund: Der Rapsanbau ist unter den aktuellen Bedingungen wirtschaftlich kaum mehr darstellbar. Unsere Bäuerinnen und Bauern kämpfen mit Klimastress, Schädlingsdruck und einer zunehmend eingeschränkten Palette im Pflanzenschutz – oft ohne funktionierende Alternativen.
Dabei ist Raps eine der wertvollsten Kulturpflanzen, die wir haben. Er liefert hochwertiges, regionales Speiseöl mit idealem Fettsäuremuster. Er liefert Eiweißfutter, das wir dringend für unsere Tierhaltung brauchen. Er ist zur Blütezeit eine der wichtigsten Nahrungsquellen für Honig- und Wildbienen. Und er liefert Rohstoffe für Biotreibstoffe und die pharmazeutische Industrie. Ein echter Alleskönner – nachhaltig, effizient und regional.
Wer glaubt, dass wir auf den Raps verzichten können, verkennt die Realität: Ein Ausstieg aus dem Rapsanbau bedeutet nicht nur einen Rückschritt für die Eigenversorgung, sondern auch eine zusätzliche Belastung für andere Ölsaaten, deren Anbau oft in weit entfernten Regionen unter fragwürdigen Bedingungen erfolgt. Gleichzeitig verschärft sich der Druck auf die Biodiversität. Wenn Blühflächen wie der Raps verschwinden, verlieren Honig- und Wildbienen eine ihrer wichtigsten Nahrungsquellen im Frühjahr.
Was wir brauchen, ist eine moderne und praxisnahe Pflanzenschutzpolitik – europaweit. Der technologische Fortschritt bietet längst Möglichkeiten, Pflanzenschutz gezielter, ressourcenschonender und umweltfreundlicher einzusetzen. Diese Chancen müssen genutzt werden. Denn eines ist klar: Ohne Pflanzenschutz ist kein verlässlicher Ackerbau möglich – nicht bei Raps, nicht bei anderen Kulturen. Und ohne unsere Bauernfamilien gibt es keine regionale Versorgung.
Landwirtschaft ist kein Museumsstück, das sich durch Idealismus alleine erhalten lässt. Sie ist Wirtschaft, Verantwortung und täglicher Einsatz – unter immer schwierigeren Bedingungen. Wenn wir weiter Versorgungssicherheit und eine vielfältige Kulturlandschaft wollen, dann müssen wir aufhören, der Landwirtschaft die Werkzeuge aus der Hand zu nehmen. Raps ist ein Symbol dafür. Und sein Verschwinden ein Signal, das wir ernst nehmen müssen. Ja wir schützen die Bienen, aber wir schützen auch die Bauern!